Große Oper – klein aber fein
UNIVERSITÄT MOZARTEUM / GOUNOD / FAUST
20/05/14 „Faust“ von Charles Gounod auf der Opernschul-Bühne? Ein spannendes und faszinierend vollgültiges Opern-Erlebnis ist die Aufführung einer Kammerfassung der großen französischen Oper „nur“ mit Flöte, Oboe, Klarinette Violine und Klavier im Großen Studio des Mozarteums.
Von Heidemarie Klabacher
Auf der Bühne: hohe schmale Rahmen. Im rechten Winkel zueinander gedreht deuten sie Räume und Nischen an, parallel ausgerichtet Säulen und Pfade. Mephisto, wie so oft Spielleiter und treibende Kraft, sorgt für die nötigen „Umbauten“. Sanft grünes oder drohend rotes Licht – mit einem frechen Fingerschnipsen Mephistos auf die weißen Rahmen projiziert: Mehr ist nicht nötig, um den Spaziergang der Liebenden in Marthes Garten oder die Gewissensqualen Marguerite im Dom anzudeuten.
So klar und schnörkellos wie die Ausstattung, ist auch die Personenführung von Regisseur Hermann Keckeis. Musikalisch war die die vorletzte Aufführung der Serie am Montag (19.5.) im Großen Studio des Mozarteum ebenso überzeugend. Eine letzte Chance gibt es heute Dienstag (20.5.)!
Oper mit Klavier bleibe „klanglich immer etwas abstrakt“, schreibt der Kai Röhrig, der musikalische Leiter im Programmheft. „Und die Version mit großem Orchester sprengt manchmal den Rahmen der Kapazitäten des Universitätsorchesters“. So hat Kai Röhrig kurzerhand eine Kammerfassung von Charles Gounods „Faust“ auf das Libretto von Jules Barbier und Michel Carré erstellt.
Im Detail heißt das natürlich Verzicht etwa auf die Chorpassagen. Darf man es überhaupt sagen: Gefehlt haben sie nicht. Auch nicht das Ballett zur Walpurgisnacht. Im Dom, in Marguerites großer Gewissensszene, kann man auf den mahnenden drohenden Sound von „Oben“ dagegen wirklich nicht verzichten. Oder doch? Die zugespielten Orgelklänge – wiewohl hocheffektvoll – haben als einzige die kammermusikalische Qualität, die packende Geschlossenheit durchbrochen.
Das Kammerensemble unter der Leitung von Kai Röhrig hat mit einer Fülle farben- und facettenreicher Klänge und mit großer technischer Souveränität den Sängern einen überaus tragfähigen Grund gelegt.
Faszinierend die Begegnung mit Nutthaporn Thammathi als Faust, einem jungen Tenor, der mit Eleganz bruchlos über die Lagen große weite Bögen spannt – und mit größter Leichtigkeit und Sicherheit die zahlreichen Spitzentöne ansteuert und erstrahlen lässt.
Min-Ji Kim sang eine zunächst eher zurückhaltend agierende und untadelig singende Marguerite. Sie schien erst in der Kerkerszene ihre klare tragfähige Stimme zu größer Intensität mit packendem Farbenreichtum aufblühen zu lassen.
Ebenso souverän war Yu-Meng Liao als beinahe zu charmanter Mephisto. Auch er gebietet über eine perfekt ausbalancierte reich timbrierte Stimme, wie Yechan Lee, der als Valentin melancholische Töne einbrachte. Charlotte Brooks sang kraft- und temperamentvoll die Rolle des Siebel, des jungen Verehrers von Marguerite. Ebenfalls darstellerisch und stimmlich überzeugend waren Audrius Martisius als Brander und Sassaya Chavalit als Marthe.
Große Oper – klein, aber ganz besonders fein!