Kunst darf auch mal Freude machen!
HINTERGRUND / TANZHOUSE FESTIVAL 22
03/10/22 Krise und Krieg vergessen. Trost spenden, Kraft geben, Freude machen – statt weiterspinnen der Katastrophen der Welt auf den Brettern, die die Welt bedeuten: „Das ist eine fundamentale Änderung meiner Absichten und künstlerischen Ansätze.“ Sagt die Tänzerin und Choreografin Editta Braun. Unter ihrer Leitung steigt von 5. bis 13. Oktober das tanz_house Festival.
Von Heidemarie Klabacher
Salz in offene Wunden reiben? Auf der Bühne die Probleme der Menschheit diskutieren? Das Publikum deprimieren? Nicht – länger – mit Editta Braun. Sie findet klare Worte: „Ich muss niemandem mehr dafür sensibilisieren, wie schlecht es um das Klima steht, wie sehr Brüche durch die Zivilisationen gehen, wie sehr an dem Ast sägen, auf dem wir alle sitzen. Das erledigt die Realität zurzeit mit dem Holzhammer.“
Zeitgenössischer Tanz und Performance versuchen ja seit jeher leidenschaftlich und engagiert mit nicht-sprachlichen Mitteln komplexeste Themen zur „Sprache“ zu bringen. Editta Braun hat, wie sie selber sagt, eine Wandlung durchgemacht und geht auch beim tanz_house Festival vom 5. bis 13. Oktober andere Wege.
„Ich will jetzt eher Räume für kurzzeitigen Eskapismus schaffen, Momente der Flucht, vor allem aber des Trosts.“ Sie wolle Kraft geben, Zusammengehörigkeitsgefühl wecken. „Das ist eine fundamentale Änderung meiner Absichten und demnach auch der künstlerischen Ansätze“, sagt die Tänzerin, Choreografin und Festivalleiterin. „Meine Arbeiten sind anders geworden.“
Natürlich wolle sie weiterhin dazu anregen, Denkräume zu öffnen, andere Perspektiven zu erlauben, „aber ohne Schmerzen oder Provokation“. Editta Braun, die erst diesen September den Preis für die Beste Gruppenperformance beim Cairo International Festival for Experimental erhalten hat, spricht den sich aufdrängenden Gedanken selber aus: „Ja, das ist erstaunlich für eine so politische Frau wie mich.“
Die aktuellen Krisen – Klima und Krieg, Corona und Inflation – müssen hier nicht aufgezählt werden. Sie gehen den Menschen ohnehin nicht aus dem Kopf. „Mich haben diese Überlegungen dazu gebracht, das diesjährige tanz_house Festival tatsächlich als Tanzfest anzulegen“, so Editta Braun.
„Als ein Fest der Zusammengehörigkeit, der Vielfalt der Generationen und Stile und ein Fest der Hoffnung.“ Unangetastet natürlich der Status des tanz_house Festivals als Treffen der Salzburger Performancecommunity samt facettenreichen Programm, „das einen Blick auf den Status Quo des künstlerischen Schaffens der international vernetzten Tanzszene vor Ort präsentiert“.
Da tanzen ein ehemaliger Rosas-Tänzer, eine junge Truppe aus Slowenien. Es denken drei „weise Frauen“ über den Sinn von Kunst nach. Ein bekannter Schriftsteller, der nebenbei Hausmeister der ARGEkultur ist, liest. Und ein Lichtdesigner zeigt seine erste Performance. „Das alles passiert allein am Short-Acts-Abend“, schildert Editta Braun ein Herzstück des Festivals. Platz auf dem Programmzettel ist für Studierende ebenso, wie für arrivierte Choreographinnen und Choropgrafen.
Gezeigt werden Premieren von CIELAROQUE/Helene Weinzierl, Olivia Mitterhuemer & Farah Deen/Potpourri, Rosana Ribeiro/Selva, Juliana Vargas Rodríguez & Júlia Borbála Farkas, Stefan Ebner, Tomaž Simatović & András Meszerics sowie Arbeiten von editta braun company, Martin Kilvady oder Anna & Eva Müller. Besonderheiten sind der von Editta Braun so launig geschilderte Short Acts-Abend, „der unterschiedliche Sparten wie Tanz, Performance, Literatur, Wissenschaft & Diskurs vereint“ oder das Fotoprojekt von Maja Mirek und Ulrich Gruchmann-Bernau. Die beiden haben auf den aktuellen Proben zum Festival fotografiert: Ihre grandios dynamischen Fotos sind in einer Ausstellung in der ARGEkultur und im tanz_house-Programmheft geradezu zu „erleben“. Weiters gibt es im Festival-Programm open yoga for everyone und einen open floor for everyone-Tanzbereich. Vor und nach den Performances ist das Publikum zum Tanze gebeten.
tanz_house Festival – 5. bis 13. Oktober in der ARGEkultur – www.argekultur.at – www.tanzhouse.at – das Programmheft zum Download unter – www.tanzhouse.at
Bilder: www.tanzhouse.at / Maja Mirek (2) / Ulrich Gruchmann-Bernau (2)