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Nymphe wird Amazone

ARGEkultur / ECHO

27/04/21 Wer ist hier das Opfer? Die Nymphe Echo oder der Knabe Narziss? Er hat sie abblitzen lassen, genau wie alle anderen unerwünschten Verehrer männlich oder weiblich. Aber Echo war ein Sonderfall in Zorn und Gram. Sie hat Narziss verflucht und sich selbst in Schall aufgelöst... Der antike Mythos geistert im Hintergrund der Tanzperformance Echo des HÖRFRAU Kollektivs.

Von Heidemarie Klabacher

Freilich ist Echo ein Opfer. Aber sicher keins von Narziss. Der war ja seinerseits Sohn eines Vergewaltigungsopfers. Wenn jemand, außer dem Schicksal persönlich, schuld ist am Schicksal der Nymphe Echo, dann Zeus. Ein alter weißer Mann mit Bart und Blitz, da haben wir's. Tatsächlich war Echo die Seitensprung-Security des Göttervaters gegen die Göttermutter. Und Hera war es, die Echo verflucht und ihr die eigenständige Sprache geraubt hat...

Man kann aus den vielen antiken Quellen und Erzählsträngen rund um Echo und Narziss jederzeit einen einzelnen Faden herausziehen und eine zeitgenössische Tanzperformance daraus machen. Die Figur Echos bietet sich für eine Solo-Performerin an.

Dann wird halt aus der verloren tastenden, stammelnden und sich mühsam aufrichtenden Nymphe langsam eine stampfende Amazone. Das spricht von Selbstermächtigung, aber auch von Simplifizierung und Entzauberung der vielschichtig verflochtenen Ebenen des Mythos.

„In the beginning she would start on her knees with this movement. It feels like something very old, like an old grief or like somthing, that comes in waves“, heißt es zu Beginn der Performance Echo des HÖRFRAU Kollektivs. Die Ich-Erzählerin spricht Anfangs in recht schlichten Sätzen von sich selbst, ein Echo (!) wiederholt die Sätze in der dritten Person. „Last year I had an accident.“ „Last year she had an accident.“

Die Performerin Sophia Hörmann tanzt, nach einem gemeinsamen Konzept, in der Dramaturgie ihrer Schwester Johanna Hörmann. Ausgesprochen spannend ist das Sounddesign von Sanna Lu Una. Das akustisch dargestellte Ringen der Frau um „Sprache“ – vom vokalen Klang über gequälten Laute bis hin zu einem vielstimmig schwebenden Chorsatz hoher Stimmen (alles vom Band) ist ein Meisterstück. Von hier geht es dann in der Klang- wie in der immer eckiger werdenden Bewegungs-Sprache flott Richtung moderner Frauen-Power.

Irgendwann kommt die Performerin – über eine Diagonale im Raum „because I love the diagonale“ aber warum – an ein Wasser. Das verwundert ein wenig, weil Echo eine Berg- und keine Quellnymphe ist. Aber egal. Die Spannung hält über die gut 36 Minuten Spielzeit. Dem Format Soloperformance kommt die digitale Übertragung gut zu pass. Für die kluge Schnittdramaturgie der Videoproduktion mit gekonnten „mit-atmenden“ Wechseln zwischen Nahaufnahme und Totale zeichnet FS1: Das Freie Fernsehen Salzburg hat sich ja längst als Streaming-Partner einen klingendn Namen gemacht. Der wird über die Pandemie hinaus nach-hallen. Echo.

Alle, die sich bis Premieren-Beginn am Freitag (23.4.) ein Ticket gekauft haben, können den Stream sieben Tage online nachschauen. Im Nachhinein könne man derzeit kein Ticket mehr kaufen, heißt es aus der ARGE, man arbeite daran - www.argekultur.at
Bilder: Stills aus dem Stream

 

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