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Frischkäse seit dreißig Jahren

SCHAUSPIELHAUS SALZBURG / RITTER KAMENBERT

13/01/20 Und ewig rittert Kamenbert um sein käsiges Leben. Der Kindermusical-Klassiker von Peter Blaikner, Cosi M. Goehlert und Ernst Wolfsgruber feiert im Schauspielhaus wieder einmal Auferstehung, dreißig Jahre nach der Uraufführung.

Von Erhard Petzel

Generationen haben um Karten gekämpft, wenn wieder ein Blaikner-Cosi-Spektakel im Schauspielhaus – damals noch Elisabethbühne – angesetzt wurde. Die Songs aus Hausgeisterhaus, Piratenratte Alex oder Astromaxx wurden von Salzburgs Kindern als heimatliches Liedgut gesungen. Immer wieder gab es auch Revivals, wie eben jetzt Ritter Kamenbert, das erste der Kinder-Musicalserie. Ben Pascal war noch Kind, als das Stück entstand. Er setzt sich mit den frühen Prägungen auseinander und führt heute Regie.

Doch nicht nur als kulturelle Marker in der Salzburger Bevölkerung hinterlassen die Stücke Spuren, sondern auch in der hiesigen Wirtschaft. Trägt ein kleines Schulkakao-Tetra-Pack seit Ewigkeiten den Namen einer dubiosen Piratenratte, wird diesmal das Geheimnis gelüftet, welche heimische Molkerei Drachenkäse produziert. Natürlich gibt es die Geschichte vom käseweichen Ritter auch auf CD und als Export ans Marionettentheater im Schloss Schönbrunn. Und man muss einwenden, dass es durchaus noch mehr Verbreitung vertragen würde. Das Märchen hat seine Strahlkraft nicht eingebüßt, obwohl – oder vielleicht auch weil – es sich um die aktuelle Medienlandschaft nicht schert. Es bleibt bei der Spitze der stürmischen Lawine Karoline gegen die fade Fernsehgesellschaft.

Wer noch die alten Bilder im Kopf hat, stutzt vielleicht beim Anblick der kahlen Bühne. Kartonwände verjüngen sich nach hinten, wo sie von einer ebensolchen abgeschlossen werden. Löcher darin geben ihnen den Anschein eines riesigen Käselaibs und bilden flexible Fenster, Durchgänge und Durchreichen. Der dunkle, spiegelglatte Boden als Präsentierteller, der die Welt bedeutet. Wenn für die Illusion Waldweben illuminiert wird, darf man auch auf die hiesige Wagnertradition mit Siegfried-Bühne denken. Solche Assoziationen liegen den Kleinen vielleicht noch fern, aber die Songs gefallen wie eh und je, auch wenn man zum Zähneputzen angehalten wird. Nur beim Mitsingen dürften die Kinder früher mutiger gewesen sein (vielleicht liegt das aber auch daran, dass man keine Musiker mehr auf der Bühne bewundern kann). Der Applaus aber ist getrampelt laut wie eh und je.

Die Schauspieler jedenfalls geben ihr Bestes. Lukas Koller ist ein liebenswert verstrudelter Kamenbert, der nur Käse im Kopf hat (und damit in ein typisches Fettnäpfchen tritt, wenn er sich vom Papa einen Käseladen statt der Hand Karolines wünscht). Marko Vlatkovic wechselt zwischen den Rollen des Königs von Gorgónzola und Drachenonkel hin und her und wird damit wie die drei Käselaibe als Umkleidevirtuose gefordert. Bianca Farthofer, Lena Steinhuber und Helena May Heber werfen sich nämlich nicht nur ihre Stinkigkeit vor, sondern geben ein reizendes Drachenkinderterzett in Chor und Choreografie. Corinna Bauer ist ein melodramatischer Räuber Quargel, während Kompagnon Klops (Raphael Steiner) die Rolle der Dumpfbacke zukommt. Julian Dorner beschließt als archaischer Schmied Meister Alberich den mythischen Kreislauf, indem er das Schwert Romadur in den Amboss rammt (Arthus lässt schön grüßen).

Die hyperaktive Karoline, eine wunderbare Rolle für Julia Rajsp, ist eine wesentliche Identifikationsfigur für gelebte Genderkultur. Denn keiner ist wirklich bös oder gemein, stattdessen ist alles lustig und heiter. Nur das Pferd hat einen bedenklichen Status als Tarnkappenklepper. Als solcher steht ihm Strafgewalt zu, die an den bemitleidenswerten Räubern exekutiert wird. Und Vorsicht: Die Räuber-Mathematik ist vielleicht an unseren Pisa-Ergebnissen schuld!

Aufführungen bis 9. Juli – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus Salzburg / Jan Friese

 

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