Wie viele Leute passen auf ein Fahrrad?
WINTERFEST / CIRCA TSUICA
05/12/18 Sie sind eine Brass Band, die Circus macht. Sie wechseln zwischen Artistik und Musik, zwischen Teeterboard oder Trapez und Trompete oder Trommel. Im Mittelpunkt des Treibens der elf Mitglieder des Circa Tsuica steht das Fahrrad als „Massen-Fortbewegungs-Mittel“. Hier plaudern sie über sich selbst und ihr Stück Maintenant ou Jamais, das heute Mittwoch (5.12.) beim Winterfest Premiere hat.
Circa Tsuica ist ein Teil eines Kollektivs von Künstlerinnen und Künstlern, die zusammen leben und arbeiten. Wie kann man sich das vorstellen?
Der ursprüngliche Gedanke, uns zusammen zu tun, entstand in unserem Studium am Centre National des Arts du Cirque in Châlons-en-Champagne vor circa zwanzig Jahren. Der Wunsch, auch nach dem Studium gemeinsam zu leben, zu arbeiten, verschiedene künstlerische Welten zusammenzubringen und dieses Kollektiv für alle zugänglich zu machen, hat schließlich zur Gründung der Gemeinschaft mit dem Namen Cheptel Aleïkoum geführt.
Es ist in der Tat eine sehr ausgewogene Mischung aus Arbeit und Privatleben; wir stecken viel Persönliches in unsere Stücke und organisieren unser Leben um dieses kollektive Abenteuer herum. Beides fließt ineinander. Diese Philosophie, unsere Leben, Ideen und Werte zu teilen – mit einander, mit unseren Kindern, unseren Freundinnen und Freunden und unserem Publikum – macht die Besonderheit dieses Kollektivs und unserer Lebensweise aus.
Musik spielt eine große Rolle in Maintenant ou Jamais. Wie seht ihr die Beziehung zwischen Circus und Musik?
Seit der Gründung der Compagnie war uns diese Beziehung immer wichtig. Musik ist für uns kein Anhängsel, das separat zu unserer Circuskunst gesehen werden kann, sondern sie geht mit ihr Hand in Hand. Wenn wir ein Circusstück schreiben, dann sind das Musikalische und das Circensische eng miteinander verbunden.
Das Musizieren macht uns Freude und ist eine Ausdruckform für viele von uns. Zudem sind unsere Instrumente gut mit unseren Circusdisziplinen kombinierbar und damit ideal, um Circus und Musik miteinander zu verflechten.
Ihr seid mit eurem eigenen Zelt auf Tournee. Was bedeutet das Zelt und das Rund der Manege für euch und eure Arbeit?
Das Zelt hat eine starke Ausstrahlung, die man sofort spürt, wenn man es betritt. Es ist wie unser Zuhause und wir laden das Publikum ein, diesen Raum und unseren Lebensstil an einem Abend mit uns zu teilen. Zudem schafft das Circusrund eine ganz spezielle Art von Nähe. Somit gibt es nicht auf der einen Seite das Publikum und auf der anderen Seite die Künstlerinnen. Nein. Das Publikum sitzt im Kreis, jeder sieht die andern, und wir verbringen alle gemeinsam eine besondere Zeit.
Ist es ein Charakteristikum eurer Arbeit, eine so herzliche Beziehung mit dem Publikum aufzubauen?
Ja, endlich! „Endlich“, weil es eine Richtung ist, in die wir immer mehr gehen. Bei uns zu Hause, in unserem kleinen Dorf Saint Agil, haben wir uns ein besonderes Miteinander mit den Bewohnern aufgebaut, unter anderem durch die Gründung eines Festivals, durch das Nähe und Geselligkeit entstehen.
Diese Teilhabe ist auch in unseren Circusvorstellungen unser Markenzeichen, vor allem aber eine Haltung, vielleicht sogar eine Philosophie. In diesen Zeiten, in denen Unterschiede hervorgehoben werden, in denen Spannungen zunehmen, ist es vielleicht eine unbewusste Botschaft unsererseits, andere einzuladen, aufeinander zuzugehen und sich dadurch zu öffnen. (Winterfest/dpk-klaba)