Wie schafft man es, dass niemand verloren geht?
TANZHOUSE FESTIVAL
23/10/18 Unter dem Motto „Spielplatz“ präsentiert das tanz_house festival von 23. Oktober bis 1. November 14 Tanzstücke, Installationen und Research-Projekte lokaler und internationaler Vertreterinnen und Vertreter der Tanzszene. Eröffnet wird heute Dienstag (23.10.) von der Editta Braun Company mit „Trails“.
Von Heidemarie Klabacher
„Wenn ich meine Gedanken in meine Kindheit zurückschweifen lasse, tauchen Bilder verschiedenster Arten von Spielräumen auf“, schreibt Iris Heitzinger im „Editorial“ zum tanz_house festival 2018. „Manche davon waren Spielplätze im eigentlichen Sinn, mit Klettergerüsten, Schaukeln und Sandkisten. Andere waren weniger für das Spielen vorgesehen, aber manchmal umso vielseitiger in den Möglichkeiten die sie boten, wie Wälder, Scheunen, Dachböden, oder Lagerräume voller Pappkartons. Das Spielen selbst blieb dabei aber immer ähnlich und war gleichzeitig auch forschen, lernen und Wissen generieren.“
In seiner „Essenz“ sei das Kunstschaffen dem Spielen sehr ähnlich: „Wir beleuchten Themen, in dem wir gewisse (Spiel)Regeln oder Limitierungen aufstellen, und experimentieren dann solange mit dem Spiel, bis wir finden, was uns berührt und uns vorantreibt.“ Künstler übten das, „was uns als Kindern selbstverständlich war“: „Die Fähigkeit, das poetisch-symbolische Potenzial zu erkennen.“ Aufgabe der Kunst sei es, „die Welt zu beobachten und ihr als Spiegel gegenüber zu treten“.
Als Kuratorin des Festivals sei es ihr ein Anliegen, so Heitzinger, „den KünstlerInnen Spielräume zu bieten, in denen sie die Themen ohne Einschränkungen beleuchten, die sie jeweils gerade bewegen“. Das tanz_house, der Verein der freischaffenden Salzburger ChoreografInnen, umfasse denn auch „in seiner Zusammensetzung durch so so unterschiedliche KünstlerInnen einen Reichtum an Ideen, Ausdrucksweisen und ästhetischen Handschriften“.
Eröffnet wird heute Dienstag (23.10.) von der Editta Braun Company mit „Trails“: Vier junge Menschen in der Produktion unterwegs. „Orientierungslos und erschöpft, getragen von Erinnerung, Sehnsucht und - trotz Konflikten und Konkurrenz - von der Kraft der Empathie“, beschreibt Editta Braun. Ein Fluchthintergrund sei ahnbar, „in unbestimmter Vergangenheit oder Zukunft“. Den beängstigenden Bildhintergrund jedenfalls liefern etwa menschenleere Industrie-Ruinen aus Nikolaus Geyrhalters Film „Homo Sapiens“: „Wie schafft man es, dass niemand verloren geht? Schutz verspricht die Gruppe. Doch sie entsteht durch Ausgrenzung.“
Weiter geht es mit Tomaž Simatovićs partizipativen Projekt „Suddenly the floor was not there” und die Aufarbeitung der Vorgänge rund um den Einsturz eines Gebäudes in Bangladesch, bei dem 1300 Personen starben und dreitausend geretett wurden, gefolgt von Julia Schwarzbachs „forms of togetherness” und der Produktion „It's all about” von CieLaroque/helene weinzierl, in der „die Sprache der wiederkehrenden Bewegungen zum Ritual, zu einer immer währenden Veränderung wird“. „Gelingt es den drei Körpern aus ihrer Isolation auszubrechen und eine Veränderung ihrer Realität, eine neue Wirklichkeit zu erschaffen, oder werden sich die Geschichten immer und immer wiederholen?“, lautet die Deutungsanregung.
Lisa Hinterreithner und Laura Navndrup Black haben es in ihren 15 bis zwanzigminütigen Miniaturen „Luftig“, Luan de Lima ist „The egocentric“, Madame Humtata erzählt von „Fat Black Spider“. Insgesamt 14 Produktionen gehen über die Bühnen von ARGEkultur, im Toihaus, Republic und tanz_house studio.
tanz_house festival 2018 - von 23. Oktober bis 1. November – www.argekultur.at ; www.tanzhouse.at
Bilder: Editta Braun Company / Sk Hasan Ali Shutterstock.com / UP Lisa Hinterreither