Vom Freikämpfen zum Freitanzen.
ARGE KULTUR / I AM SHAPESHIFTING
21/02/17 Symphonische Geburt in den Sternen. Kindheit im geblümten Kinderzimmer, freilich schon mit schweren Träumen. Jugend und junges Erwachsensein mit Aufnahms-Prüfungen, Castings und Karriere-Stationen immer weiter weg. Die Identität bleibt dabei irgendwo auf der Strecke. Sich lustvoll begaffen lassen? „If you don't feel it, fake it. You are in New York.“
Von Heidemarie Klabacher
Die Tänzerin Jasmin Rituper hat am Montag (20.2.) ARGEkultur ihr tänzerisch-akrobatisch-technisch überaus beeindruckendes Solo „I am Shapeshifting“ präsentiert. Die Geburt, oder wohl besser „Menschwerdung“ zu nennende Häutung, heraus aus den Falten des Vertikalseiles zu filmmusiktauglicher Sphärenmusik, ist ein packender Einstieg. Bei aller cinemascopisch anmutenden Opulenz.
Die Tanzszenen bleiben grandios: Welch wunderschöne Studie, wie aus dem Musterbuch der modernen Tänzerin und Performerin mit klassischem Balletthintergrund, steht für eine bestandene Aufnahmsprüfung. Ohne dass es gesagt werden musste, weil es die Klaviermusik ohnehin sagt, war die akademische lebensentscheidende Situation klar umrissen. Überhaupt ist die Musik des Kollektivs „tbc“ mit elektronischen Anklängen von Gustav Holst bis Steve Reich in der einstündigen Produktion ein gleichwertiges Gegengewicht zum Tanz.
Auch die erbarmungslosen Kommentare und Kommandos – vom Band – beim Training deuten die oft mehr als an die Substanz gehenden Herausforderungen an eine junge Tänzerin eindrücklich an. Warum zu den so anschaulichen Ballett-, ModernDance- oder Akrobatik-Nummern gar soviel (weiterhin vom Band) geredet werden muss, wollte sich nicht erschließen. Die „Selbstreflexionen“ einer jungen Tänzerin - die sich wohl berufsbedingt immer wieder auch mal als reines „Objekt“ sehen und erkennen wird müssen, kommen weiterhin vom Band, weiterhin auf Englisch - was das gut gemeinte Bemühen um Tiefe nur umso bemühter erscheinen läßt.
Die Produktion richtet sich freilich an Menschen – Mädchen – ab Vierzehn. Da boten die Monologe in den Künstlerinnengesprächen zur Aufführungsserie sicher Anstöße. Mehr Distanz zur eigenen Befindlichkeit hätte der darstellerisch überzeugenden Produktion (Regie Alexander Wengler) dennoch gut getan. Auch die technisch aufwändige szenische Untermalung mit Videoprojektionen kam über die verdoppelnde Untermalungsfunktion nicht hinaus.
Bleibt die aufregende Begegnung mit Jasmin Rituper, einer Tänzerin und Performerin mit enormem Ausdruckspotential.