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Buchbinden und Odlatzbia Oröwen

HINTERGRUND / IMMATERIELLES KULTURERBE

07/10/20 Das „Handwerk, das alle Bibliotheken dieser Welt erschuf“ – das passt gut auf die Liste des immateriellen Kulturerbes auch unseres Landes: Die Buchbinderei wurde jüngst in die österreichische UNESCO-Liste aufgenommen.

Von Reinhard Kriechbaum

In Österreich gibt es 97 aktive Buchbinderunternehmen, wovon ein guter Teil die handwerkliche Herstellung und Veredelung von Büchern pflegt. Überdies werden 62 Lehrlinge zu Buchbinderinnen und Buchbindern ausgebildet, meldet die Wirtschaftskammer. Viele spezielle Werkzeuge kommen bei diesem traditionellen Handwerk zum Einsatz, spezielle Scheren, Falzbeine, Heftnadel, Ahlen und Fileten, Vergolde-Werkzeuge wie der Achat-Glättzahn oder Punzen. Sogar Bienenwachs wird gelegentlich verwendet, und wichtig sind natürlich Kleister und Leim, deren besondere Bedeutung ein alter Buchbinderwitz Witz begleitet: Fragt ein Buchbinder den anderen: „Glaubst du auch an ein Weiterkleben nach dem Tod?“

Lose Blätter sind jedenfalls nicht die Lösung:: Schon die Griechen kamen auf die Idee, Wachstafeln zusammen zu hängen. Erste frühe Formen des Bindens waren dann mit Kettenstichen verbundene und in Lederumschläge gefasste Pergamentblätter. Im Mittelalter wurde die Herstellung und kunstvolle Einfassung handgeschriebener Bücher zur exklusiven Aufgabe von Mönchen. Erst mit dem Buchdruck entstand im 15. Jahrhundert die Ausweitung zum selbständigen Gewerbe des Buchbindens. In Wien geht die Zunft auf das Gründungsjahr 1548 zurück.

Einer der namhaftesten österreichischen Buchbinder war der um 1430/40 in Salzburg geborene Ulrich Schreier. Auf ihn geht eine Blütezeit des Lederschnitts hierzulande in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine Blütezeit zurück. Schreier hat Einbände mit Blinddruck im so genannten Kopfstempelstil überwiegend für Erzbischof Bernhard von Rohr in der Zeit nach 1470 geliefert.

Derzeit umfasst das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich 133 österreichische Traditionen. Jüngst neu hinzugekommen ist auch das Steinmetzhandwerk. Im weitesten Sinn dem Bereich Handwerk sind auch die Fuhren über den Hallstättersee auf Plätten zuzuordnen.

Aus dem Bereich der Bräuche kamen das Nikolospiel Bad Mitterndorf (Steiermark) hinzu, die Amraser Matschgerer (Tirol), die Bräuche der Weinbauern beim Kirtag in Neustift am Walde nahe Wien (es gibt dort einen Umzug der Hiatabuam mit der „Hauerkrone“). Die Aufnahe der Stinatzer Hochzeitsbhräuche freut die Burgenland-Kroaten.

Wer auf die Liste des schützenswerten immateriellen Kulturguts der UNESCO kommt, ist nicht immer mit sachlichen Motiven erklärbar, es hat nicht selten auch mit Lobbyismus zu tun. So erklärt sich vielleicht, dass das Kneippen neu hinzu gekommen ist.

Was kann man sich unter „Odlatzbia Oröwen" vorstellen? Um das zu verstehen, muss man sich schon recht gut im niederösterreichischen Dialekt, speziell im Wiesenwienerwald auskennen. Odlatzbia findet man im botanischen Lexikon unter Adlitzbeere, ein seltenes Obst. Das Wissen und Handwerk rund um diese Wildfrucht wird in Niederösterreich von Generation zu Generation weitervermittelt. Das „Odlatzbia Oröwen“ (Adlitzbeere abrebeln) ist dabei der Höhepunkt des Arbeitsprozesses, der von der Baumpflanzung bis zur Verarbeitung reicht.

www.unesco.at
Bilder: www.unesco.at / Sixl-Fuchs (2); Verein Elsbeer Reich (1)

 

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