Es grünt so grün, wenn Ischls Gärten blühen
REST DER WELT / BAD ISCHL / MY FAIR LADY
13/07/15 Seit drei Jahren huldigt man beim Lehár Festival in Bad Ischl auch dem Musical, heuer mit „My Fair Lady“. 2016 wird wieder die Operette den Vorrang haben.
Von Elisabeth Aumiller
Auf der Bühne blühen zwar nach wie vor Spaniens Blüten im Londoner Ambiente in Alan Jay Lerners und Frederick Loewes Musical-Klassiker „My Fair Lady“, aber Intendant Michael Lakner sieht das Thema perfekt zur diesjährigen Landesgartenschau passend, die die Bad Ischler Parkanlagen ziert. Also erlebt man auf der Bühne des Ischler Theaterhauses eine eigene „Salzkammergutfassung“, in der das Blumenmädchen Eliza Doolittle dem Migrationshintergrund entstammt, als Bezug zur heutigen Gesellschaft in der EU, wie es Lakner formuliert, wobei der originale Schauplatz London dazu vom Intendanten als Kunstgriff bezeichnet wird.
Nun, die Absicht der „eigenen“ Fassung wirkt auch recht gut gelungen, in ihrem Mischmasch an Sprachblüten. Die Ischler Aufführung imitiert nicht berühmte Produktionen und bleibt doch dem Stück sehr getreu. Die Regisseurin Isabella Gregor punktet vor allem mit den Chor - und Ballettszenen (Choreographie Mandy Garbrecht). Da wird pralles Theater mit viel Schwung und Bewegungsenergie vorgeführt. Der Chor reüssiert auch gesanglich und die musikalische Leitung ist bei László Gyükér in hervorragenden Händen. Das Orchester glänzt und brilliert rhythmisch.
Pfiffig beobachtet das Ensemble an der vorgebauten Rampe das Pferderennen in Ascot in fantasievoll üppiger Kostümierung und ebensolchen Hutkreationen. Für Chor und Ballett hat Kostümbildnerin Alexia Riedl ein gutes und witziges Händchen, wogegen sie Eliza Doolittle wenig gewinnend, dem Typ der Sängerin nicht gerecht werdend, gewandet.
Theresa Grabner ist diese Eliza Doolitttle. Nicht die optimale Besetzung, wiewohl diese junge Sopranistin eine reizende Bühnenfigur ist – leider ist sie im falschen Stück unterwegs. Für Eliza brauchte es eine sprachlich gut geschulte Schauspielerin. Theresa Grabner hat ihre Stärke in den höheren Sopranlagen, aber hier muss sie sich ständig in einer Sprech- und Gesangslage bewegen, die bei leichten Sopranen nun mal die schwächste Tessitura ist, trotz Mikrofonverstärkung. Als bewegliche Darstellerin hat sie alles gegeben, was ihr zu Gebote steht und dafür gebührt ihr Lob, aber sie ist keine überzeugende Eliza Doolittle, weder als ordinäres Blumenmädchen noch als Lady. Sie bringt kein sprachliches Profil ein in das wilde Gemisch österreichischer Dialekte, das ihr die Regie aufoktroyiert und kann dann den Kontrast zur endlich gelungenen gepflegten Hochsprache nicht markant genug ausspielen. Da grünt eben nur das Salzkammergut-Grün, was die Produktion ja schließlich beabsichtigt hat.
Star des Abends ist diesmal Gerhard Ernst als Müllkutscher Alfred P. Doolittle. Das ist der Schauspieler aus rechtem Schrot und Korn, der hier ein überzeugendes Porträt des „originellsten Moralisten“ abgibt mit sprachlich gut tariertem Bühnendialekt, der bestens verständlich ist und nicht ins allzu Ordinäre abgleitet. Köstlich auch als unfreiwilliger Hochzeiter, der durch die Erbschaft gezwungen ist, nun ein gut situiertes Leben zu führen. Eine hoch ansprechende Leistung, pointiert und mit kraftvoller Energie gespickt.
Prof. Henry Higgins alias Martin Berger und Matthias Schuppli alias Oberst Pickering bringen Text und Musik untadelig, wirken aber mehr routiniert als dass sie mit ausgefeilter Komödiantik zu Sympathieträgern des Stücks würden. Als Freddy Eynsford-Hill „baritönt“ Florian Resetarits durchaus klangvoll, aber als Figur in schwärmerischer Bewunderung für Eliza bleibt er mehr bemüht als glaubhaft. Uschi Plautz charkterisiert die Hausdame Mrs. Pears hervorragend. Mit einer Meisterleistung glänzt Kammersängerin Renate Holm als Mrs Higgins, Henrys Mutter. Sie ist die vollendete Dame und betört auch trotz einer stattlichen Anzahl runder Geburtstage mit warm leuchtendem Sopran in der Refrain-Einlage „Ich hätt getanzt heut' Nacht“: ein Gewinn!
Das Bühnenbild (Karl Fehringer und Judith Leikauf) bringt eine von Hand betriebene „Drehbühne“ ins Spiel mit einer Ausstattung, die wie eine Galerie mit einer großen Volière für seltene Vögel wirkt.
Eindruck nach dem Premierenabend: Der wirklich zündende Funke müsste sich bei den zahlreichen Folgevorstellungen im weiteren Verlauf des Juli und August erst noch einstellen.