Haydn und Italien
EISENSTADT / HAYDN FESTIVAL
18/09/12 Eine imaginäre Reise nach Italien. Dort war Joseph Haydn zwar nie, aber italienische Musik hat für ihn doch eine wichtige Rolle gespielte. Das war Leitmotiv für die 24. Internationalen Haydntage. Ein Festival mit einer Auslastung von nahezu 100 Prozent.
Von Wolfgang Stern
Eisenstadt ist in den ersten September-Wochen für viele Musikinteressierte zu einem Fixpunkt geworden. Immerhin werkt hier seit dem Beginn des Festivals – da gab es noch den Eisernen Vorhang zu Ungarn hin – Adam Fischer mit seiner aus österreichischen und ungarischen Musikern zusammengesetzten Haydnphilharmonie. Dieser Klangkörper sorgt hier immer wieder für großartige Wiedergaben, speziell natürlich von Werken Joseph Haydns. Diesmal war der Rahmen also auf Italien ausgedehnt.
Wieder war einmal Mischa Maisky zu Gast, der in einem Block die Soloparts aus dem 2. Satz von Vivaldis a-Moll-Cellokonzert und in der Folge in einem Eigenarrangement das Menuett aus Boccherinis Streichquintett ungemein sensibel interpretierte. Maisky spielte mit Gefühl und glänzte mit seiner überzeugenden Tongebung. Zum Teufelsritt – wirklich „con fuoco“ – wurde dann vor allem der dritte Satz in Haydns bekanntem Cellokonzert C-Dur, wobei der Starcellist seine technischen Fähigkeiten vollends ausspielen konnte. Der Wiener Concert-Verein hielt sich dabei eher zurück und war ein seriöser Begleiter. Zuvor gab es noch dem Thema entsprechend Italienisches, wobei im Concertino für Flöte und Orchester von Gaetano Donizetti Robert Wolf schöne Kantilenen vortrug. Peter Schreiber hat sich als bestens disponierter Oboist in einem weiteren Conctertino, ebenfalls von Donizetti, vorgestellt.
Haydn als Opernkomponist: Für das diesjährigen Festival nahm sich der Hausherr Adam Fischer mit seiner Philharmonie die Oper „L´isola disabitata“ vor. In einer konzertanten Aufführung zeigte sich abermals, wie einfallsreich Haydn mit den Tönen umging. Die Oper war ein Auftragswerk für seinen Arbeitgeber, den Fürst Nikolaus Joseph Esterházy. Anlass war dessen Namenstag. Man musste für die Uraufführung in Eszterház in das Marionettentheater ausweichen, da kurz zuvor das schlosseigene Theater abgebrannt war. Adam Fischer ließ seinerseits nichts anbrennen, führte sein Orchester präzise durch die Partitur und hatte mit den Solisten (Chen Reiss, Sopran, Stephanie Houtzeel, Mezzosopran, Marlin Miller, Tenor, und Paul Armin Edelmann, Bariton) ein Quartett zur Verfügung, das seine Aufgaben bestens erfüllte. Das zweiaktige Werk ist allein durch die sieben Arien und das abschließende Quartett hörenswert.
Ungemein impulsiv und mit viel Energie spielte das Kammerorchester Basel unter seiner Konzertmeisterin Julia Schröder. Boccherini, Salieri und Haydn stand auf dem Programm. Das Kammerorchester, vom Konzertmeisterpult aus geführt, gehört zu den führenden Klangkörpern seiner Art. Haydns Symphonie Nr. 55 gab den Musikern viel Raum für Gestaltung, Salieris Sinfonia D-Dur „La Veneziana“ wurde zu einer Entdeckung. Patricia Kopatchinskaja als Solistin in Haydns Violinkonzert G-Dur, Hob.VIIa:4, war in ihrem Element und brillierte einmal mehr in ihrem Solopart. Das Allegro wurde zum Superallegro, für die Geigerin gibt es eigentlich nichts, das sie nicht mit Bravour bewältigte. Spaß hatte sie dann gemeinsam mit der Konzertmeisterin in den Zugaben, drei Duos von Bela Bártok.
Das von Ö1 am Sonntag als Matinee direkt übertragene Konzert war ein würdiger Abschluss des 24. Haydntage. Adam Fischer zog alle Register für das Italienische. Die Österreichisch-ungarische Haydn Philharmonie zeigte sich von der zartesten Seite mit dem Vorspiel zum 3. Akt der Traviata oder dem Intermezzo aus Mascagnis Cavalleria rusticana. Feuriger wurde man dann in den Ouvertüren zu Rossinis Barbier von Sevilla und zur Italienerin in Algier. Galant verhielten sich Fischer und das Orchester als Begleiters, im konkreten Fall des Klarinettisten Daniel Ottensamer. Rossinis Variation für Klarinette und Orchester
C-Dur und Donizettis Concertino für Klarinette boten dem Wiener Philharmoniker ausreichend Gelegenheiten zur Entfaltung. Wieder waren es teilweise Teufelsritte auf der Klarinette, aber auch mit lyrischen Tönen brachte Ottensamer die Zuhörer zu Begeisterungsstürmen. Mit Haydns Symphonie Nr. 101, „Die Uhr“, beschloss das Orchester eine Matinee. Traditionellerweise als Zugabe der letzten Satz der Abschiedssymphonie, ein Gag, der noch immer die Zuhörer zum Schmunzeln bringt.