Kaisermärsche zum Geburtstag
REST DER WELT / BAD ISCHL / LEHAR-FESTIVAL
19/08/12 Kaisers Geburtstag, und gleich der 182.! Wird er gefeiert, weil einigen angesichts der jüngsten Korruptionsskandale die Demokratie endgültig zum Hals raushängt? Aber nein. In Bad Ischl begeht man den Anlass aus lieb gewordener Tradition. Und den Touristen zuliebe.
Von Elisabeth Aumiller
Das Lehár-Festival leistet, sozusagen als Ouvertüre, zwei Tage zuvor seinen musikalischen Beitrag mit der Kaisergala. Schwungvoll leitete Marius Burkert das flott aufspielende Franz Lehár-Orchester, das im Ambiente der „Zigeunerliebe“- Kulisse mit frisch musiziertem Operetten- und Walzerglanz gute Laune versprühte. Die sehnsüchtigen Melodien mit dem eingestreuten ungarischen Kolorit, mit den Geigenschmeicheleien, das tänzerische Wiegen im Dreivierteltakt: man verfällt diesen Klängen und kann sich ihrem gemütvollen Zauber und ihrer moussierenden Wirkung nicht entziehen. Intendant Michael Lakner zeigte sich als gewandter Moderator, der charmant, präzise und informativ durch das Programm führte.
Zum Auftakt erklang der 1861 komponierte Phoenix-Marsch von Josef Strauß, dem angeblich Begabtesten der Strauß-Brüder, der an Berühmtheit dem Johann dann aber unterlegen ist. Fast zeitgleich entstand Anton Bruckners Ouvertüre g-Moll, die jedoch erst 1921 uraufgeführt wurde. Mit schwerblütig sinnierendem Beginn erweist sich die Ouvertüre als „ein inspiriertes Gesellenstück, welches den um seinen persönlichen Stil ringenden Musiker am Weg zur großen Symphonie zeigt“, wie es Gottfried Franz Kasparek im Programmheft ausdrückt.
Kaisergala und Bruckner? Michael Lakner sieht viele Komponisten als „Ischler“: Bruckner komponierte dort, weil er häufig einen Freund besuchte. Kálmán war mit Lehár befreundet. Johann Strauß liebte den Ischler Regen. Auch Nico Dostal war mit der musikalischen Sommerfrische verbandelt und Robert Stolz unterschrieb wenigstens im Cafe Ramsauer seine Verträge.
Es folgten Melodien aus der „Ungarischen Hochzeit“ von Nico Dostal, aus der „Zirkusprinzessin“ und dem „Teufelsreiter“ von Emmerich Kálmán (anlässlich dessen 130. Geburtstags) sowie von Robert Stolz das Lied aus „Venus in Seide“ und sein Walzer „Wiener Café“. Johann Strauß war mit Ausschnitten aus „1001 Nacht“, der „Fledermaus“ und mit seinem Walzer „G’schichten aus dem Wienerwald“ vertreten. Last but not least kam Franz Lehár mit „Giuditta“ zu Ehren, die ihm 1934 die Türen der Wiener Staatsoper öffnete.
Die Sopranistin Sona Ghazarian feierte bei der Kaisergala nun ihr 40-Jahre-Bühnenjubiläum. Sie brachte ihren Charme und die aufblühende Höhe ihres Soprans mit auf die Bühne. Operettendiven haben es nicht leicht, stimmlich müssen sie auch über eine satte Mittellage und profunde Tiefe verfügen. In den tieferen Stimmregionen hätte Sona Ghazarian etwas mehr Rücksicht von Seiten des Orchesters gut getan. Da versank sie in den Fluten der herzhaft zupackenden Orchestertutti. Herbert Lippert gab sich als Operettentenor par excellence. Er wusste die glanzvollen Zugnummern entsprechend zu servieren und punktete mit fokussiertem Stimmsitz und tenoralem Strahlen. Vor allem mit Kálmáns „Zwei Märchenaugen“ und Lehárs „Freunde, das Leben ist Lebenswert“ holte er sich begeisterten Applaus.
Erika Swoboda steuerte zu den „G’schichten aus dem Wienerwald“-Walzer das filigrane Zithersolo bei. Und die Gesangszugabe konnte natürlich nur von Franz Lehár sein: „Lippen schweigen“ aus der Lustigen Witwe. Das taten sie dann auch wirklich, weil der Schluss gehörte dem 182jährigen Geburtstagskind: mit dem Kaisermarsch von Karl Komzak und dem 92er-Regimentsmarsch von Johann Novotny, dem die Hörnerfanfaren der Kaiserhymne seit je her Publikumsgunst verleihen. Der bekannterweise völlig unmusikalische Kaiser hätte mit dieser Marschiermusik gewiss seine helle Freude gehabt.