Junge machen auf sich aufmerksam
REST DER WELT / SCHUBERTIADE
19/05/11 Es war kein anderer als Hermann Prey, der 1976 – also vor 35 Jahren – mit der Idee für eine Schubertiade nach Hohenems kam. Sehr rasch wurde das neu gegründete Festival international bekannt. Bis heute geben sich hier die Großen der Kammermusik und des Liedgesanges die Türklinke in die Hand.
Von Wolfgang Stern
Keine Frage: Das renommierteste Schubert-Festival weltweit. Es ist trotzdem der intime Charakter, der das viergeteilte Fest (6.–22. Mai und 2.–9. Oktober in Hohenems, 18. Juni–3. Juli und 27. August–11. September 2011 in Schwarzenberg) zu einem besonderen Ereignis macht. Neben der Weltklasse haben auch immer wieder junge Talente die Möglichkeit zu einem Auftritt.
Schauplätze sind einerseits der Markus-Sittikus-Saal (300 Sitzplätze) in Hohenems, andererseits seit 2001 den größeren Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg. Der Markus-Sittikus-Saal ist nach jenem Hohenemser Grafen benannt, der es zum Fürsterzbischof von Salzburg brachte und unter anderem Schloss Hellbrunn erbauen ließ. Und der schöne in Holz gestaltete Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg ist sowohl akustisch als auch optisch als gelungen zu bezeichnen. Zwei ideale Orte, um erfolgreich Konzerte veranstalten zu können.
Zu berichten gilt es zum Auftakt von einem starken ersten Wochenende mit den Auftritten des Modigliani- und des Jerusalem-Quartettes, sowie vom Duo-Abend Kopatchinskaja-Leschenko.
Das Modigliani-Quartett (Philippe Bernhard und Loic Rio, Violine, Laurent Marfaing, Viola, und Francois Kieffer, Violoncello) ist erst 2003 gegründet worden und hat schon namhafte Preise errungen. Schon in Schubert-Streichquartett C-Dur, D 46, faszinierten die dynamischen Qualitäten. Debussys einziges Streichquartett in g-Moll, op. 10, 1892/93 entstanden, gab den Musikern Gelegenheit zu detaillierter Gestaltung, ehe man nach der Pause dann zusammen mit Sabine Meyer (Klarinette) in Mozarts Klarinettenquintett A-Dur, KV 581, eine weitere Visitenkarte abgab. Die spezifische Art des Zusammenspiels mit Meyer, die warmherzige Gemeinsamkeit, das Auskosten eines jeden einzelnen Tones, all das trug zu einer Wiedergabe auf höchstem Niveau bei.
Ähnlich erfolgreich ist das Jerusalem Quartett (Alexander Pavlovsky und Sergei Bresler, Violine, Ori Kam, Viola, Kyril Zlotnikov, Violoncello) unterwegs. Zahlreiche CD-Einspielungen beweisen das. Eine Brahms-Matinee gab diesem Quartett Gelegenheit, Homogenität und technisches Vermögen im Einklang vorzuführen. Im Streichquartett B-Dur, op. 67, wirkte das Spiel scherzhaft, so, als ob man den Brahmsischen Humor übertragen wollte. Lyrische, melodische Bögen wurden extrem spannend ausformuliert. Der Bratschist, erst seit Februar dieses Jahres dabei, genoss sichtlich die führende Rolle im dritten Satz. Der gebürtige Elsässer Klarinettist Paul Meyer schloss sich den vier Herren im Klarinettenquintett h-Moll, op. 115, an und bestach so wie seine Kollegin Sabine Meyer tags zuvor durch samtige, weiche Tongebung.
„Die Wilde und die Zahme“ - die Geigerin Patricia Kopatchinskaja und ihre Partnerin am Klavier, Polina Leschenko - schenkten einander nichts in ihrem Duoabend und wahrten ihre Chance, das eine oder andere Werk von einer anderen Betrachtungsweise her anzugehen. Carl Philipp Emanuel Bachs Fantasie in fis-Moll spielte Patricia Kopatchinskaja sehr eckig und bei Schubert und Schumann verzichtete sie teilweise auf das gewohnte Vibrato. Als Energiebündel entpuppte sich die wie barfüßig spielende Geigerin in Debussys Sonate g-Moll, einem Werk, das leider viel zu selten auf den Programmen diverser Duos steht. Die gebürtige St. Petersburgerin Polina Leschenko war im Gegensatz der ruhende Pol und gleichzeitig eine kongeniale Partnerin am Steinway. Kreisler-Zugaben zeigten, dass den beiden Damen der Spaß beim Musizieren nicht fremd ist.