In schwindelnder Höhe, am Rand des Abgrunds
WIEN / THEATER NESTROYHOF HAMAKON / HÄNDL KLAUS-AUFFÜHRUNG
14/04/11 Als Schriftsteller nennt er sich Händl Klaus - Nachname vorn, wie in Tirol der Brauch. Als Schauspieler nennt er sich Klaus Händl. Erst jüngst war der vielfältige Künstler bei den Rauriser Literaturtagen zu Gast mit einem Exklusiv-Text zum Thema „Schuld“. Am Montag, (18.4.) hat sein Stück „Ich ersehne die Alpen; so entstehen die Seen“ im Keller des Nestroyhofs Premiere.
Ödnis, Kälte. Eis wohin das Auge reicht.
Ein Gestrandeter.
Auf der Suche nach den Menschen.
Mit Musik und Trara.
Als kriegte man heutzutage noch Besuch,
als wär man nicht mit sich allein.
„Unten im Tal ersehnt eine Frau ‚die Alpen mit ihrer geräumigen Kälte’, während sie in der Hitze ihrer Dachkammer wie in einem Sarg liegt und verbrennt. Im fiebrigen Delirium werden für sie die Gerölllandschaften zur erträumten Rettung aus der Einsamkeit und vor der endgültigen Auslöschung. Oben in den Bergen stolpert ein Wanderer über die Leichen von vier Menschen, die im Gletschereis erfroren sind. So sehr er sich anfangs freut, endlich Gesellschaft zu haben, so wenig gelingt es ihm, die Toten aus ihrer Starre zu erwecken", heißt es auf der website des rowohlt-Theaterverlages: „Ich ersehne die Alpen; So entstehen die Seen“ sind zwei Monologe, die aufeinander verweisen, sich ineinander spiegeln, ironisch gebrochen und voller Doppelbödigkeiten.“
Händl Klaus zeichnet eine Welt in Erstarrung: Olivia fiebert in der Hitze des Tals. Sie verabschiedet sich vom Leben, von „dieser langen Trockenheit von Zimmer zu Zimmer und immer ins Leere wie die Bienen nach dem Wachs“. In ihrer Erschöpfung beschwört sie noch einmal mit letzter Kraft ihre größte Sehnsucht herauf - „die Alpen mit ihrer geräumigen Kälte“. Dort, in eisiger Höhe, begrüßt Bruno die erstarren Gefährten. Er versucht, ihnen Leben einzuhauchen, versucht das Eis zum Schmelzen zu bringen. „Ja, mir wird, wenn ich in all dem Eis einmal auf einen Menschen treffe, warm ums Herz.“
„Ich ersehne die Alpen; So entstehen die Seen“ ist der er erste Theatertext von Händl Klaus und wurde 2001 in seiner Regie beim ‚steirischen herbst’ uraufgeführt: „Ein filigranes Sprachkunstwerk in dem die Berge als identitätsstiftende Metapher, Wirklichkeitsort des Todes und Projektionsfläche erhaben in die Höhe ragen und den Betrachter zugleich in ihren Schwindel erregenden Abgrund reißen“, schreibt der Verlag weiter über das Stück: „Wortgewaltig führt Händl Klaus den Zuschauer in schwindelnde Höhen und nahe an den Rand des Abgrundes.“
„Ich ersehne die Alpen; so entstehen die Seen“ wird in Wien „musikalischer Erlebnisbericht, szenische Installation“. Die Koproduktion mit dem Verein „Die Schwimmerinnen“ in der Regie von Barbara Schulte hat am Montag (18.4.) im Theater Nestroyhof Hamakom Premiere.
Händl Klaus, 1969 in Rum/Tirol geboren, lebt in Wien, Berlin und in Port am Bielersee in der Schweiz. Seine Theaterlaufbahn begann er als Schauspieler am Schauspielhaus in Wien. Sein erster Theatertext „Ich ersehne die Alpen; So entstehen die Seen“ wurde 2001 in seiner Regie beim ‚steirischen herbst’ uraufgeführt. Für sein Stück „Dunkel lockende Welt“ wurde er von ‚Theater heute‘ zum Dramatiker des Jahres 2006 gewählt. Sein Debütautorenfilm „März“, über die Auswirkungen der Freitode dreier junger Männer in Tirol, wurde er beim Internationalen Filmfestival von Locarno, beim Sarajevo Filmfestival und beim Fünf Seen Filmfestival ausgezeichnet. Weiters erhielt er für „März“ den Berner Filmpreis. Händl Klaus schreibt Prosa, Drehbücher, Opernlibretti und führt Regie.
Regisseurin Barbara Schulte wurde am 1980 in München geboren und lebt in Leipzig. Sie studierte Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte in München, arbeitete als Regieassistentin am Bayerischen Staatsschauspiel und als freie Regisseurin. Von 2003 bis 2007 absolvierte Barbara Schulte ein Regiestudium am Max Reinhardt Seminar in Wien bei Michael Gruner.