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Der Koch als Retter

SCHAUSPIELHAUS GRAZ / WEH DEM, DER LÜGT

29/01/10 Mit den besten Zutaten, dazu ein wenig spanische Komödie, einen Hauch Wiener Volkstheater und eine Prise Barock, kocht Franz Grillparzer ein Lustspiel für höchste Ansprüche.

Von Beate Frakele

Gibt es Situationen, in denen die Lüge erlaubt ist? Kant lehnt die Notlüge strikt ab, drücke sie doch nicht Rücksicht sondern Verachtung aus. Diesen rigorosen Standpunkt legt Grillparzer Bischof Gregor von Chalons in dem Mund, einer historischen Figur aus der Zeit der Merowinger. Mit Kochlöffel und flinker Zunge gerät dessen Koch Leon in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Franken und Germanen.

Ring Award Preisträger Florian Köhler und Ausstatter Rainer Sellmaier servieren Grillparzers philosophische Komödie mit einem hervorragenden Protagonisten und vordergründiger Situationskomik, die beim Publikum ankommt.

In der großen – zunächst noch! - klinisch sauberen Profiküche, die als Einheitsbühnenbild dient, findet Regisseur Tobias Krautzer viele Gelegenheiten das Publikum zum Lachen zu bringen. Von der selbstgerechten Moralität des Bischofs, der seine vergammelte Jause segnet, über die Allüren des eitlen Jüngelchens Atalus bis zu den Entgleisungen des neureichen Kattwald und den mitspielenden Hühnern schafft er reichlich Situationen, die die Lachmuskeln des Publikums reizen.

Ausstatter Rainer Sellmaier unterstützt ihn (sehr gelungen) mit den räumlichen Möglichkeiten des Themas „Küche“ - allerhand Röhren und Kavernen, auch den Kühlraum nicht zu vergessen. Über die Lüge selbst – oder den Witz, der im Umgehen der „äußeren Lüge“ liegt, wie Kant sie nennt - erfahren wir nichts, was uns klüger macht. So hebt der Abend auch nicht wirklich ab, verpufft das spröde Meisterwerk in den bekannten Variationen der Situationskomik und dem einen oder anderen Zitat, aus dem „90. Geburtstag“ etwa oder aus „Titanic“.

Vielleicht steht der – gerade bei Grillparzer schmerzliche - Verlust der sprachlichen Sorgfalt auf demselben Blatt.

Dass das Geschmackserlebnis nicht flach wird, ist Florian Köhler zu verdanken, der den Koch Leon spielt, eine Figur, die man sofort liebt. Man möchte ihn grundehrlich nennen, obwohl sein Umgang mit der Wahrheit durchaus nicht den Prinzipien des ehrwürdigen Bischofs entspricht. Doch dieser Leon ist mit seinem ganzen Herzen bereit den Bischof zu verehren und ihm zu helfen. Dabei ist er so unerschöpflich im Finden von Lösungen wie ein kreativer Koch am Herd. Eine durch und durch liebenswürdige Figur, der Florian Köhler bubenhaften Charme verleiht.

Den Kämpfer für die Wahrheit, den heiligmäßigen Bischof spielt Franz Xaver Zach als prinzipialistischen Eiferer. Ergeben betreut von seinem Hausverwalter – Franz Solar trägt wie Petrus selbst einen riesigen goldenen Schlüssel herum – isst er schimmliges Brot, um das Lösegeld für seinen Neffen Atalus zusammen zu kratzen, den die barbarischen Deutschen jenseits des Rheins als Geisel gefangen halten. Die ernsten Herren sind in klerikales Grau gekleidet, die Askese hat schwarze Schatten unter ihre Augen gemalt. Zach und Solar spielen aber gleichzeitig auch die „Feinde“, den germanischen Häuptling Kattwald und seinen „Schaffer“ - in diesem Fall in den grüngoldenen Phantasieuniform selbst ernannter Diktatoren.

Die Deutschen gelüstet es nach französischer Kochkunst, und so gelingt es Leon in die Nähe des gefangenen Attalus zu kommen, eines dümmlichen Schnösels (witzig Jan Thümer), den der Koch wie versprochen schließlich auch befreit.

Bilder: Schauspielhaus Graz / Peter Manninger

 

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