Bauernschwank mit Musik
BAD ISCHL / LEHAR FESTSPIELE / DER FIDELE BAUER
27/07/10 Die populäre Leo Fall-Operette „Der fidele Bauer“ erlebte ihre Bad Ischler Erstaufführung. Dolores Schmidinger hat das Stück milieugerecht inszeniert.
Von Elisabeth Aumiller
Der rote Themenfaden des diesjährigen Lehár-Festivals ist das Aufeinandertreffen zweier nicht kompatibler Gesellschaftsschichten. Ist es bei der Csárdásfürstin die Kluft zwischen Adel und bürgerlichem Theatermilieu, so prallen beim fidelen Bauer Bauernstand und Bildungsbürgertum aufeinander. Somit bot sich das Stück zum Thema als ein lange versäumtes Muss für Bad Ischl an, um die in der Nachbarschaft, nämlich im oberösterreichischen Oberwang angesiedelte Komödie sozusagen heimzuholen.
Intendant Michael Lakner hat wieder ein Ensemble zusammengestellt, dem es gelingt, das Publikum mitzureißen und den historischen Vorgaben treu zu sein. Trotzdem wirkt die Darbietung weniger als ein Melodienreicher Operettenhit, sondern eher als Posse mit Gesang, als Sprechstück mit unterlegten Musiknummern, wie es im Volks- oder Bauerntheater sein passendes Podium fände. Die Wurzeln der Entstehungsgeschichte sind nicht zu verleugnen. „Der fidele Bauer“ geht auf Viktor Léons Volksstück „Die lieben Kinder“ zurück, das Léon für Fall zum Libretto umfunktionierte. Leo Fall komponierte dem Sujet entsprechend schlichte Weisen im Volkston. So wurden zum Beispiel das Heinerle-Lied, der Marschrefrain „Ist man auch ein Bauer, Bauer, Bauer“ und das gefühlige „Jeder tragt sein Pinkerl“ zu beliebten Schlagern. Sie verfehlten auch in Bad Ischl ihre Publikumswirkung nicht.
Die Saga vom Bauernsohn Stefan, der auszieht, um Höheres zu werden, der als überlegener Doktor heimkehrt, dann in die bürgerliche Oberschicht einheiratet, um schließlich als Professor der vornehmen Gesellschaft anzugehören, richtete Dolores Schmidinger mit leichter Hand mundartgerecht im bäuerlichen Ambiente ein( Bühnenbild und Kostüme Katrin Köhler-Rölle). Die Bauern Lindoberer und Mathaeus Schleichelroither haben in Rupert Bergmann und Franz Suhrada urig-originelle Repräsentanten, die sich gegenseitig animieren und in ihren bäuerlichen Emotionen steigern. Eine gewisse „Aufwärmphase“ benötigen allerdings die Witzeleien und Pointen, bis sie zünden und bis sich das Ensemble gegenseitig die Bälle treffend zuwirft. Nach der Pause ist dann volle Fahrt voraus angesagt. Schon das rasante orchestrale Zwischenspiel mit seinen Strauß-, Kalman- und Lehár-Zitaten lässt die Laune hochschnellen und die komödiantischen Zutaten erreichen einen Höhepunkt als sich im feinen Salon von Stefan und seiner Frau Friederike die Sprachbarrieren zwischen bauernösterreichisch und gesellschaftsberlinerisch zum heiteren Diskurs auftürmten.
Anstelle von Romana Noack war Petra Halper-König am Premierenabend (24.7.) in die Rolle der Friederike geschlüpft, in der sie nicht nur gute Figur machte, sondern auch gesanglichen Wohllaut mit ihrem hübschen Lied, einer Extra- Leo Fall-Einlage, verbreitete. Ihr Angetrauter findet in Eugene Amesmann den distinguierten Professor, der mit seinen tenoralen Stärken punktet und sich zuletzt doch zu seiner bäuerlichen Herkunft bekennt. Das berühmte Heinerle-Lied serviert die rote Lisi alias Christine Ornetsmüller mit darstellerischem und stimmlichem Charme, von Martin K. Schlatte liebenswert sekundiert als ihr um ein Geschenk bettelnder Bub. Als Annamirl und Vinzenz geben überzeugend Laura Scherwitzl und Robert Maszl das zeitweise melancholische Buffopaar, das sich zuletzt doch noch überschäumend in die Arme fallen darf. Als Muntermacher fungieren außerdem die „zopfige“ Obrigkeit des Thomas Zisterer, die „feinen Leute“ Walter Witzany und Uschi Plautz als Friederikes Eltern, dazu der „vornehme“ Butler James von Christian Kotsis sowie Dorli Buchinger als Loisi mit der Harmonika.
Die musikalische Leitung hatte kurzfristig der aus Grieskirchen stammende Michael Zehetner von Vinzenz Praxmarer übernommen, der wegen seiner Verpflichtung bei den Salzburger Festspielen als Assistent Marc Albrechts nicht abkömmlich war. Vor allem im zweiten Teil gewann die Musik unter seiner Leitung an Schwung und Feuer und das Lehár-Orchester konnte wieder seine Qualitäten voll ausspielen. Jubel und Applaus am Ende waren Bestätigung, dass die anspruchslos vergnügliche Unterhaltung beim Publikum besonders gut ankam und wertgeschätzt wurde.