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Installierter Kapitalismus

LINZ / LENTOS / LINDA BILDA

04/03/21Ich denke, dass die Welt verändert werden muss und möchte die größtmögliche denkbare Veränderung. Haben wir nicht die Aufgabe, die Welt besser zu hinterlassen als wir sie vorgefunden haben?“ Das sagte die Künstlerin Linda Bilda, die 2019 im Alter von 56 Jahren verstorben ist. Das Lentos widmet ihr die erste Retrospektive.

Von Hildegund Amanshauser

An was denken die Waren? An das Geld. Das Geld ist eine Idee, die in allen Waren ist.“ Mit diesen Worten empfängt auf einer Stele aus LightGlass eine Frau mit langem schwarzen Haar die Gäste. Hinter ihr breitet sich das Panorama der „goldenen“ Welt des Kapitalismus aus. Voll Glamour und schalem Schein.

Das Comic Die goldene Welt. Rick’s allerletztes Spiel führt in die Geschichte ein und stellt die handelnden Personen vor... Eine Rauminstallation. Tisch, Stühle, so beleuchtet, dass sie Schatten an Wände und Decke werfen, die sich wiederum mit den Wandmalereien und den Schatten der im Raum stehenden Glasskulpturen überlagern.

„Linda Bilda intervenierte bereits früh mit unerschrockenen Aktionen in den öffentlichen Raum, gründete mehrere Zeitschriften, produzierte Comics, anmaßende Malereien, organisierte Lese- und Diskussionszirkel, schrieb Manifeste, erfand neue Bildtechniken für den öffentlichen Raum und hielt als Erfinderin internationale Patente für ein von ihr entwickeltes Leuchtglas. Ihre Arbeit ringt um eine „emanzipatorische Bildpolitik.“ So informiert bündig die Website des Lentos. Gestaltet wurde die Schau Amor vincit omnia von Christoph Schäfer, Hemma Schmutz und Ariane Müller.

Als Linda Czapka 1963 in Wien geboren, änderte die Künstlerin mit 19 Jahren ihren Namen und nannte sich fortan Linda Bilda. Sie war Malerin, Comix-Künstlerin, Herausgeberin und Gestalterin von Artfan, Gründungsmitglied und Leiterin des Art-Clubs Wien, Performerin, Erfinderin, Feministin, Situationistin, Aktivistin, Unternehmerin, Mutter und vieles mehr. Ihre einzige große institutionelle Einzelausstellung zu Lebzeiten ermöglichte Hemma Schmutz 2009 im Salzburger Kunstverein. Hemma Schmutz ist nun auch gemeinsam mit Christoph Schäfer Kuratorin der Ausstellung in Linz und Mitherausgeberin des wunderschönen und wichtigen Buches, das anlässlich der Ausstellung im Verlag für moderne Kunst erschienen ist.

Im zweiten Raum der Ausstellung werden unterschiedliche Epochen und Werkgruppen präsentiert, Comix, Malereien, LightGlass Arbeiten und Dokumente. Eine Wand ist den frühen Performances der späten 1980er-Jahre im öffentlichen Raum, sowie der Zeit von Artfan und Wiener Art-Club in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre gewidmet. Beide, Artfan und Art-Club, gründete und betrieb Bilda gemeinsam mit Ariane Müller, die als Kuratorin die Schau ebenfalls mitgestaltet hat. Artfan wie Art-Club waren bahnbrechend für die kritische Wiener Kunstszene dieser Zeit und wurden weit über die Grenzen hinaus rezipiert. Der letzte Raum der Ausstellung schließlich ist späteren Arbeiten im öffentlichen Raum gewidmet.

Im Zentrum von Linda Bildas Schaffen stehen Comix (mit x, weil sie sich selbst im politischen linken Diskurs verortet) und ihre Erfindung des LightGlass. LightGlass, das sie patentieren ließ und mit ihrer eigenen Firma vertrieb, beruht auf einem Verfahren, mit dem buntes Plexiglas zwischen zwei Glasplatten gepresst wird. Es ermöglichte der Künstlerin Comix zu verräumlichen, zu Skulpturen, Objekten und Rauminstallationen zu fügen.

Stephan Dillemuth im Katalogbuch: „Für sie war Kunst eine Chance, Menschen zu erreichen und ihnen komplizierte Sachverhalte schmackhaft zu machen.“ Genau das trifft auf diese Ausstellung auf ganz wunderbare Weise zu. Man sollte sich Zeit lassen, um in diesen Kosmos tatsächlich einzutauchen.

Amor vincit omnia - bis 7. März im Lentos Linz - www.lentos.at
Bilder: maschekS (2); Ralf-Bodo Kliem 2020 / Bildrecht Wien 2020

 

 

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