Ein kräftiges Trotzdem
WIEN MODERN IM LOCKDOWN
03/11/20 Die Ruprechtskirche liegt jetzt mitten im Tatort des Terroranschlages in Wien. Das Konzert Klangautomat Ruprechtskirche am 8. November wurde allerdings schon im Vorfeld von Wien Modern aufgrund von Einreise-Bestimmungen abgesagt. Wie vom Großteil des geplanten Festivals-Programms bis 29. November wird es via Video-Dokumentation und Stream dennoch zu erleben sein.
Von Heidemarie Klabacher
„Wien Modern 2020 ist trotz des heute in Kraft tretenden Lockdowns nicht zu Ende“, meldet das Festival in einer Aussendung heute Dienstag (3.11.). An „voraussichtlich mindestens 24 Abenden“ wird über die Website und über Ö1 gut die Hälfte des angekündigten Programms – darunter 17 Neuproduktionen – kostenlos öffentlich zugänglich gemacht.
„Wir haben größten Respekt vor den Künstlerinnen und Künstlern, die teilweise monatelang an den Konzerten der kommenden vier Wochen gearbeitet haben, wie auch vor dem Publikum, das uns ungebrochenes Interesse und Solidarität signalisiert“, sagte Bernhard Günther, der künstlerischer Leiter von Wien Modern, in einer Aussendung vor wenigen Tagen: „Wir stehen zu unserer Verantwortung als Kulturbetrieb, die jetzige Lage meistern zu helfen, aber wir halten die Grundversorgung mit Kultur für ein unendlich kostbares Gut, zu deren Rettung wir auch in den nächsten Wochen beitragen werden, was wir können.“
Er gehe davon aus, so Günther in seinem Statement, „dass die Bundesregierung weiß, was es bedeutet, wenn sie zentrale Wirtschaftsbereiche dieses Landes zum zweiten Mal auf null Prozent herunterfährt“. Die Stimmungslage im Kulturbereich erfordere „dringend ganz deutliche Signale, „damit Kultur nicht als Opfer des Gesundheitswesens, des Wintertourismus in den Bergen und des Weihnachtsgeschäfts“ empfunden werde. „Es ist klar, dass ein Kapitän versuchen muss, einem Eisberg auszuweichen, aber er muss jetzt alles dafür tun, damit das Schiff nicht an der anderen Seite auf Grund läuft“, sagt anschaulich Wien Modern-Chef Bernhard Günther.
Das Festival selber leistet seinen Beitrag dazu mit Streams und Übertragungen beinah des gesamten geplanten Programms. Zu den zentralen Programmpunkten gehören etwa die Uraufführung Der Zorn Gottes von Sofia Gubaidulina mit dem RSO Wien am 6. November im Musikverein, das Konzert zur Verleihung des Erste Bank Kompositionspreises 2020 an Matthias Kranebitter mit dem Klangforum Wien im Wiener Konzerthaus am 18. November, oder die Uraufführung tönendes licht von Klaus Lang mit den Wiener Symphonikern aus dem Stephansdom am 19. November: „Diese Konzerte werden zum angekündigten Zeitpunkt auf wienmodern.at gestreamt“, meldet das Festival. Zahlreiche weitere Produktionen würden „teilweise live, teilweise zeitversetzt“ als Aufzeichnung im Lauf der kommenden Wochen angeboten.
Akribisch ist die Statistik: Sechs Produktionen, 14 Prozent des geplanten Programms, konnten noch vor dem zweiten Lockdown wie geplant vor Publikum stattfinden. 17 Produktionen (39 Prozent) finden statt und werden über Rundfunk und/oder kostenlosen Stream im Festivalzeitraum zugänglich gemacht. Acht Produktionen (18 Prozent) werden auf 2021 verschoben, dennoch würden bereits „zum jeweils angekündigten Zeitpunkt der Veranstaltung“ einzelne Aufnahmen kostenlos online gestellt. Elf Produktionen (25 Prozent) werden auf 2021 verschoben, was mit zwei Produktionen (vier Prozent geschehen werde, werde derzeit noch geprüft.
Werden.
Einige Programmpunkte: Von Skrepek+Platzers Konzert Die Maschine im Wiener Konzerthaus wird ein Dokumentarvideo gedreht und kostenlos online zugänglich gemacht. Datum und Link würde so bald wie möglich bekanntgegeben, meldet Wien Modern. Das Konzert von Martin Brandlmayr Vive les fantomes am Donnerstag (5.11.) findet voraussichtlich erst im Sommer 2021, online gestellt wird schon jetzt die preisgekrönte Hörspielfassung. Das „Claudio Abbado Konzert“ Portrait Sofia Gubaidulina mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien, dem Bratschisten Antoine Tamestit unter der Leitung von Oksana Lyniv am Freitag (6.11.) im Musikverein findet wie geplant statt, mit Ausnahme des Werks Stimmen … verstummen. Zum angekündigten Zeitpunkt wird ein kostenloser Videostream auf wienmodern.at gesendet, geplanter Sendetermin auf ORF Ö1 ist der 26. November.
Im Rahmen von Instrument Modern am Samstag und Sonntag (7. und 8.11.) werden die
Künstlerinnen und Künstler ihre Instrumente und Ateliers in kurzen Videos präsentieren, die ab dem 7. November online gehen. Die geplanten Uraufführungen von Orgel Modern ebenfalls am Samstag und Sonntag (7. und 8.11.) seien in Vorbereitung, meldet das Festival. Es werde noch geprüft, ab wann die Aufnahmen über Streaming zugänglich sein werden.
Das Konzert am 11. November Polwechsel + Klaus Lang findet „in einer den Umständen entsprechenden kammermusikalischen Version statt“. Voraussichtlich zum angekündigten Zeitpunkt des Konzerts werde ein kostenloser Videostream auf wienmodern.at gesendet.
Das Konzert zum Erste Bank Kompositionspreis am 18. November findet wie geplant statt und wird gestreamt, geplanter Sendetermin auf ORF Ö1 ist am 23. November um 23 Uhr in der Reihe Zeit-Ton. Einen Tag später, am 24. November ebenfalls um 23 Uhr in der Reihe Zeitton wird das Konzert Klaus Lang. tönendes licht gesendet. Auch hier gibt es einen Live-Stream. Das Konzert Tunes des Ensembles PHACE am 27. November findet statt: „PHACE produziert einen Videomischnitt, der zum angekündigten Konzerttermin kostenlos über Stream auf wienmodern.at zugänglich gemacht wird“, meldet das Festival. Das Wien Modern Finale am 29. November „findet in einer noch zu bestimmenden Form online statt“.
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Bilder: www.wienmodern.at