Vögel sind auch nur Menschen
KULTUR – VIRTUELL
30/04/20 Warum nicht Kultur online genießen? Zum Nach-Hören und -Schauen oder als Appetitmacher für dann, wenn die Kultur wieder läuft. Heute legen wir Ihnen ans Herz: einen Mitschnitt der Aufführung Bookpink von Caren Jeß im Grazer Schauspielhaus.
Der Dreckspfau hat es denkbar schlecht getroffen – schon als die Mutter sein Ei im Wald entsorgte. Trotzdem geschlüpft, natürlich kriminell geworden. Voll verdreckt sieht keiner seine Schönheit, und der Spatz macht ihn blöd an. Der Bussard hingegen, gottgleich verehrt von den kleinen Singvögeln, verharrt in ominösem Schweigen und ist vor allem darauf aus, Mäuse zu machen...
„So funktioniert Fabel“, schrieben wir nach der Uraufführung Anfang Dezember 2019 über diese köstliche Komödie der jungen norddeutschen Autorin Caren Jeß. „Es schaut naturecht-bizarr aus, wenn uns der Spiegel einen Vogel zeigt.“ Im rätselhaften Titel steckt natürlich auch ein Vogel: Bookpink ist das plattdeutsche Wort für „Buchfink“.
Die schrägen, traurigen Vögel durchleben Tiefen, aber so richtig zur Katastrophe kommt es selten. Irgendwie geht es immer weiter in diesem federleicht-flauschigen Bestiarium. Das „dramatische Kompendium“ von Caren Jeß hat ganz viel mit Sehnsüchten und Verirrungen zu tun. Oder auch nur mit verbreiteten Spleens.
Bookpink wurde beim Heidelberger Stückemarkt 2019 präsentiert und die Autorin hat dafür den Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik 2018 erhalten. Die Grazer Produktion (Regie: Anja Michaela Wohlfahrt) wurde zu den Mülheimer Theatertagen 2020 eingeladen. (dpk-krie)