Vom beharrlichen Überleben
GRIESKIRCHEN / „RENAISSANCE UND REFORMATION“
07/05/10 "Renaissance und Reformation" ist Thema der diesjährigen Oberösterreichischen Landesausstellung im Schloss Parz in Grieskirchen. Protestantismus ist ein fester Teil der Landesgeschichte.
In der oberösterreichischen Stadt Peuerbach wurde 1423 der Astronom, Mathematiker und Humanist Georg von Peuerbach geboren. Er stellte systematische Beobachtungen über Sonne und Mond an und beobachtete Kometen. Er baute auch verschiedene Instrumente und Sonnenuhren, untersuchte die Missweisung der Kompassnadel, die nicht genau zum geografischen Nordpol zeigt und bestimmte die „Schiefe der Ekliptik“, das ist die Neigung der scheinbaren Sonnenbahn am Himmel gegen den Himmelsäquator. Die astronomischen Berechnungen des Georg von Peuerbach schafften die Grundlagen für die ersten zuverlässigen Orientierungshilfen der Schifffahrt und ermöglichten so die großen Entdeckungs- und Forschungsreisen des Abendlandes.
Sechshundert Exponate aus fünfzehn europäischen Ländern sind in der Schau zu sehen. Sie illustrieren, dass Renaissance und Reformationszeit in vielerlei Hinsicht eine Ära des Aufbruchs und der Horizonterweiterung waren.
Karl Vocelka vom Wiener Institut für Österreichische Geschichte ist einer der Ausstellungsgestalter. Er erinnert auch an zahlreiche wissenschaftliche, medizinische und technische Errungenschaften, vor allem aber an die "Medienrevolution" durch den Buchdruck sowie an die Neuausrichtung in der Kunst und Architektur. Veranschaulicht wird das im Schloss Parz zum Beispiel in einer "Kunst- und Wunderkammer", aber auch an der Außenfassade: Dort befindet sich ein einzigartiger Freskenzyklus, der sowohl künstlerisch als auch ikonographisch als Hauptwerk der österreichischen und der süddeutschen Renaissancekunst gilt. Er verkörpert die Weltsicht eines humanistisch-protestantischen Landadeligen am Ende des 16. Jahrhunderts.
Erstmals seien Reformation und die Geschichte des Protestantismus in Österreich nicht nur "Subthema" einer Landesausstellung, sondern sie stünden ausdrücklich im Mittelpunkt, sagt der evangelische Wiener Kirchenhistoriker Prof. Rudolf Leeb. Man wolle in der Schau auch zeigen, dass die Reformation ein wesentlicher Teil der Landesgeschichte ist: Vor der Gegenreformation waren in Oberösterreich achtzig Prozent der Bevölkerung evangelisch. Heute nehmen die Protestanten nur 4,1 Prozent ein.
Um die neuen theologischen Sichtweisen im Zuge der Reformationsbewegung in Europa geht es im zweiten Teil der Ausstellung. Beleuchtet wird auch der "Geheimprotestantismus" in Oberösterreich. Dieses auch im internationalen Maßstab "bemerkenswerte Phänomen" sei, so Rudolf Leeb, von Bauern und Handwerkern getragen worden und habe der Reformation das "Überleben" bis zum Toleranzpatent Josephs II. gesichert. Es gebe also seit den Tagen der Reformation "so etwas wie eine autochthone protestantische Tradition" gerade in manchen Regionen Oberösterreich, so Leeb.
Regionale Projekte flankieren die diesjährige Landesausstellung. Im Evangelischen Museum Oberösterreich in Rutzenmoos wird unter dem Titel "Fröhliche Auferstehung" eine Sonderausstellung über evangelische Epitaphe (Grabdenkmäler) aus der Reformationszeit gezeigt. Die evangelische Pfarrgemeinde Wallern - an dem Ort ist immerhin ein Fünftel der Bewohner evangelisch - gestaltete einen Zehn-Stationen-Spaziergang mit dem Titel "Reformation - auf dem Weg".
„Renaissance und Reformation" ist die 28. Landesausstellung in Oberösterreich. Sie in der Geschichte Oberösterreichischer Landesausstellungen. Laut Landeshauptmann Pühringer hat Oberösterreich insgesamt 10,8 Millionen Euro in die Landesausstellung investiert. Andere Bundesländer hätten Landesausstellungen aufgegeben, in Oberösterreich fänden sie immer wieder großen Anklang und seien auch ein wichtiger touristischer Faktor. Seit der ersten Schau vor 45 Jahren wurden laut Pühringer mehr als zehn Millionen Besucher verzeichnet. Man investiert in die Landesausstellung und in flankierende Maßnahmen rund 10,54 Millionen Euro öffentliche Mittel, rechnet aber mit einer sechs mal so hohen regionalen Wertschöpfung von etwa 63 Millionen Euro.
(Kathpress/OÖ Landesausstellung/dpk)