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Im süßen Bann

REST DER WELT / BAD REICHENHALL / ALPENKLASSIK

31/08/10 Auf dem Parnass der Streichquartette ist die Luft dünn. Das Emerson String Quartet kann sich als eines der wenigen Ensembles über 35 Jahre international auf einer Spitzenposition behaupten.

Von Horst Reischenböck

Zwei Mal trat es in der Vorwoche beim Festival "Alpenklassik" in Bad Reichenhall auf. Die beiden Konzerte waren eingebettet in das Thema "Übergänge - Letzte Romantik“. Die vier mittlerweile naturgemäß etwas ergrauten Herren, denen es jedoch nach wie vor nicht an loderndem Impetus mangelt, verbanden dazu späte Werke Antonin Dvo?áks mit solchen der Zweiten Wiener Schule. Tagt der Förderverein der Veranstaltungsreihe, ist der mit exzellenter Akustik gesegnete Saal im Alten Königlichen Kurhaus auch respektabel besucht.

Im Zentrum des ersten Abends (Freitag, 27.9.) stand Alban Bergs damals, 1910, epochales Opus 3, als Examensarbeit laut Bergs Aussage „wie im Trotz geschrieben“. Berg missachtete die traditionelle viersätzige Form und stieß in „atonikale“ Bereiche vor - ein jugendlich ehrgeiziger Schritt in Richtung „Emanzipation der Dissonanz“, den Lehrer Arnold Schönberg eben erst in den Klavierstücken op. 11 vollzogen hatte.

Herrisch in den Gesten vor allem des Rondos, wurden diese von den in der Führung bei den Emersons alternierenden Geigern Eugene Drucker und Philip Setzer, Bratscher Lawrence Dutton und Cellist David Finckel geradezu exemplarisch flexibel umgesetzt. Analytisch aber zugleich voll Verve, und obendrein dennoch bei allen geforderten Spieltechniken wie Bogen am Steg oder am Griffbrett auch keine Gelegenheit zu lyrisch warmer Tonschönheit außer Acht lassend: ein nicht bloß intellektuell forderndes, sondern sinnlich erfahrbares Vergnügen.

Zuvor hatten sich die beiden Geiger und der Bratschist dem ersten der beiden Dvo?àk-Terzette op. 74 gewidmet, Stücke voll intimer, inniger Klänge romantischer Anmut, über die auch das im Vergleich selten zu hörende, ebenfalls in C-Dur stehende Streichquartett Nr. 11 op. 61 gebietet. Es ist weniger slawisch-national gefärbt, dafür leidenschaftlich spannend im Wechselspiel vor dem oftmals souveränen Ruhepol des Violoncellos die dynamischen Möglichkeiten ausreizend.

Sind die nicht einmal zwei Minuten des „Sehr langsam“ zu spielend vierten der fünf Stücke für Streichquartett op. 5 von Anton Webern wirklich nicht zu genießen? Jene, die nach Ankündigung dieser ersten Zugabe ostentativ das Feld räumten, vergaben sich jedenfalls etwas. Nämlich das 3. Lied der von Dvo?ák selbst adaptierten „Cyp?iše“ mit der Anfangszeile „Im süßen Bann“. Dem man auch erlegen war!

Im nächsten Jahr findet das Festival "Alpenklassik" vom 20. bis 31. Oktober statt. - www.alpenklassik.com
Bild: www.alpenklassik.com

 

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