Ein Spitzweg macht die Rückgabe komplett
HINTERGRUND / KUNSTFFUND GURLITT
13/01/20 Die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat in Absprache mit dem Kunstmuseum Bern ein weiteres Werk aus dem Kunstfund Gurlitt restituiert: die Zeichnung Das Klavierspiel von Carl Spitzweg (1808–1885). Damit wurden alle vierzehn Werke restituiert, die im Zusammenhang mit dem Kunstfund Gurlitt als eindeutig NS-verfolgungsbedingt entzogen identifiziert wurden.
Das NS-Regime hatte die um 1840 entstandene Zeichnung von Carl Spitzweg 1939 bei dem Musikverleger jüdischer Konfession Henri Hinrichsen beschlagnahmt. Hinrichsen war damals Eigentümer des Musikverlags C. F. Peters. 1940 erwarb Hildebrand Gurlitt das Werk vom Besitzer, der zu diesem Zeitpunkt schon einen Großteil seines Besitzes eingebüßt hatte. Der Kaufpreis – 300 Mark nach einem Geschäftsbuch-Eintrag Gurlitts – wurde auf ein Sperrkonto eingezahlt. Henri Hinrichsen, der bald danach mit seiner Frau nach belgien geflohen war, wurde dort erst recht Opfer der Nazis. Er wurde 1942 in Auschwitz ermordet.
Das kleine Blatt – es ist 16,4 mal 13 cm groß – wurde schon 2015 als NS-Raubkunst identifiziert. Aufgrund der komplexen Erbfolge und der weitverzweigten Familie der Restitutionsberechtigten konnten die Modalitäten der Rückgabe erst jetzt endgültig geklärt werden. Die Spitzweg-Zeichnung, ist nach heutigem Wissen das letzte von vierzehn Werken problematischer Herkunft aus der Nazi-Zeit. Sie wurde auf Wunsch der Erben an das Auktionshaus Christie’s übergeben.
Das Kunstmuseum Bern ist Erbe Cornelius Gurlitts (1932–2014) und damit des Kunstfunds Gurlitt. In einer Vereinbarung vom 24. November 2014 haben die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Bayern und die Stiftung Kunstmuseum Bern festgelegt, dass die Provenienzen der Werke erforscht werden und die Bundesrepublik Deutschland NS-Raubkunst an die Opfer oder deren Nachkommen restituiert.
Der Kunstfund Gurlitt war in den Medien zunächst als verschollener „Nazi-Schatz“ bekannt geworden. In der Münchner Wohnung von Cornelius Gurlitt waren 2012 im Rahmen eines Steuerermittlungsverfahrens rund 1.200 Kunstwerke eingezogen worden. Mit der Auffindung weiterer Werke in Gurlitts Salzburger Haus erhöhte sich die Anzahl auf 1.556 Kunstwerke. Da Cornelius Gurlitts Vater, der Kunsthistoriker Hildebrand Gurlitt (1895–1956), als Kunsthändler eng mit dem nationalsozialistischen Regime zusammengearbeitet hatte, veranlassten der Freistaat Bayern und die Regierung der Bundesrepublik Deutschland eine Untersuchung der Provenienz und der Erwerbungsumstände der aufgefundenen Werke. Im April 2014 erklärte Cornelius Gurlitt sein Einverständnis, Herkunft und Erwerbungsumstände der Werke in seinem Besitz erforschen zu lassen und die Restitution von NS-Raubkunst nach der deutschen Auslegung der Washingtoner Prinzipien (1998) zu ermöglichen. Cornelius Gurlitt verstarb am 6. Mai 2014. In seinem Testament hatte er die Stiftung Kunstmuseum Bern als Alleinerbin eingesetzt. (Kunstmuseum Bern/dpk-krie)