Vollpension am Vierwaldstättersee
LUCERNE FESTIVAL
05/09/17 Wieder ist der Festspielsommer fast geschafft. Fast? Ja, nur beinahe, denn das Lucerne Festival behauptet sich traditionell alljährlich gegen den drohenden Spielzeitbeginn an den „regulären“ Häusern.
Von Joern Florian Fuchs
Zum Finale gibt es am Vierwaldstättersee etwas ganz Neues, nämlich eine Art Vollpension. Nehmen wir als Beispiel den 6. September. Da zeigt das Figurentheater Petruschka um 14.30 Uhr ein Musiktheater für Klein und Groß („Die Zaubermuschel“), um 17.15 Uhr wird „Radio Identity“ präsentiert. Hier begegnen sich Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und machen gemeinsam eine Sendung. Abends geht es bei freiem Eintritt zur „Young Performance“, danach ins Konzert mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra, Manfred Honeck dirigiert Tschaikowskys Pathétique, Anne Sofie Mutter geigt Dvořák. Als Gute-Nacht-Cocktail serviert der Komponist und berüchtigte Blogger Moritz Eggert „Moritz' Kleine Nachtmusik“ – gratis, aber sicher nicht umsonst. Denn Eggert wird mit Gästen das gerade erlebte Konzert nachbesprechen, wobei die Vermutung naheliegt, dass die angekündigte Diskussion durchaus ins Performative, Unberechenbare abdriftet. An vier Abenden lädt Eggert zu diesem speziellen Kehraus.
Stichwort Migrationshintergrund: Am 9. September spielt das Ensemble der Geflüchteten Wien in Luzern, Till Velten moderiert ein Vorgespräch, und er hat für das Ensemble das Stück „symphony.land“ geschrieben: ein Sufi-Tänzer aus Afghanistan, der sich im Tanz eine neue Heimat schafft; ein syrischer Oud-Virtuose, dessen Instrument alle Geheimnisse seiner Flucht kennt; ein verlorener Sänger aus Finnland, der in der Musik Henry Purcells ein neues Leben sucht – Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen auf der Bühne zusammen. Beethovens Vierte Symphonie eint sie.
In der letzten Festivalwoche gibt es zudem einen Lieder- und Arienabend mit Juan Diego Flórez (7.9.), tags darauf ist das Royal Philharmonic Orchestra mit Charles Dutoit und Martha Argerich da, am 9. und 10. September Wiener Philharmoniker mit Michael Tilson Thomas und Emanuel Ax bzw. Daniel Harding.
Multitalent Herbert Fritsch wiederum gibt uns dann endgültig den Rest. Er inszeniert György Ligetis Operngroteske „Le Grand Macabre“, ein Weltuntergangsstück, bei dem (auch) kräftig gelacht werden darf und soll. Premiere ist am 8. September im Luzerner Theater.