Drei Sommer im „Schnutzelputz-Häusl“
REISEKULTUR / GUSTAV MAHLER FESTIVAL STEINBACH
11/07/16 Südtirol machte es vor. Dort gibt es, angelehnt ans Erste Mahler-Fest 1920 in Amsterdam, seit Jahren diesem Komponisten gewidmete Musikwochen (in Toblach). Auch in Steinbach am Attersee war Gustav Mahler auf Sommerfrische, dort will nun alljährlich Mahlers Geburtstag am 7. Juli gedenken.
Von Horst Reischenböck
1892 weilte Gustav Mahler den Sommer über noch in Berchtesgaden. Im darauffolgenden Jahr faszinierte ihn das Höllengebirge derart, dass er beschloss, seinen Urlaub am Attersee in Oberösterreich zu verbringen. Der See regte bekanntlich auch Gustav Klimt zur Mehrzahl seiner Landschaftsbilder anregte.
Mahler fand am Seewinkel, zur Gemeinde Steinbach gehörig, für sich eine Bleibe. Dort ließ er 1894 ein erstes Komponierhäuschen errichten, um darin ungestört arbeiten zu können. Dieses Häuschen hat er wegen Querelen mit den nachfolgenden Grundeigentümern vor genau 120 Jahren, 1896 zum letzten Mal nutzte. Zwei weitere entstanden nach diesem Vorbild dann in Maiernigg am Wörthersee und im italienischen Toblach.
Dieses, von ihm selbst nach einem Wunderhorn-Gedicht als „Schnutzelputz-Häusl“ bezeichnet, hat glücklicherweise überdauert, obwohl es zwischendurch sowohl als Waschküche, Schlachthaus und sogar Toilette (!) zweckentfremdet wurde. Erst 1985 gelang es der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft mit Hilfe der Besitzer vom nahe gelegenen Wirtshaus, eine Gedenkstätte einzurichten. Beteiligt war auch der US-amerikanische Ökonom Gilbert Kaplan. Der nahm, um Mahlers Sinfonie Nr. 2 in c-Moll zu leiten (als Kuriosum sogar einst bei den Salzburger Festspielen), eigens Dirigierunterricht.
Am Attersee schuf Mahler im Anschluss an den ursprünglich „Todtenfeier“ benannten Kopfsatz die restlichen Sätze seiner „Zweiten“ (Bezug nehmend darauf fand am vergangenen Freitagabend die Österreich-Premiere des Films „Of Love, Death and Beyond – Mahler's Resurrection Symphony“ von Regisseur Jason Starr statt.) Daneben entstanden die gesamte „Dritte“, zu der ihn die umgebende Natur anregte, und Lieder nach „Des Knaben Wunderhorn“. Mit einer Auswahl daraus schmückte Bariton Thomas Hampson, begleitetet durch Christian Koch, am Donnerstag (7.7.) die Eröffnung dieses ersten Mahler-Fests in Steinbach. In seinem Rahmen wurde auch die MS Unterrach zum „Gustav-Mahler-Schiff“ getauft. Sie ist damit das dritte „Kunstschiff“ der Flotte, denn auch Gustav Klimt und Christian Ludwig Attersee sind Namensgeber.
Auch das Komponierhäuschen präsentiert sich nun seit letzter Woche neu gestaltet. Im Innern mit einer wissenschaftlich fundiert zweisprachig deutsch und englischen Erläuterung der Entstehungsgeschichte beider Sinfonien. Es ist wert, sich das – übrigens kostenlos – anzusehen! Dazu heißt es lediglich, an der Rezeption im Gasthof Föttinger den Schlüssel zu erbitten und danach den Weg durch den dahinter liegenden Campingplatz anzutreten.