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Öl und Wein und steinalte Grenzen

REISEKULTUR / NORDWESTLICHES ISTRIEN 2 / BINNENLAND

29/04/15 Nicht nur die alte Eisenbahntrasse der „Parenzana“ oder noch ältere bis in die Antike zurück führende Handelswege durchziehen das nordwestliche Istrien. Kulinarische Wegweiser führen durch die uralte Kulturlandschaft zu Wein- und Olivenölbauern, die mit modernsten Techniken Malvasia oder Muskatwein keltern und Istarska bjelica oder Črnica Olivenöl pressen.

Von Heidemarie Klabacher

Bleiben wir in der der Nähe von Buje. Ein Katzensprung nur, wenn auch steil bergauf, ist es nach Momjan. Wohl restaurierte Kirche (Sv Martin 15. Jahrhundert). Stimmungsvoll zerbröckelnde Burgruine (13. Jahrhundert, soll konserviert werden, betreten derzeit weder erlaubt noch ratsam). Grüne Hügel, blauer Himmel. Rosaweiß blühende Apfelbäume. Kein Touristiker könnte stilvoller in Szene setzen, als sich der Ort 270 Meter über dem nahen Meer an einem sehr frühen Sonntagmorgen im Frühling präsentiert - mit Understatement im strahlenden Sonnenlicht.

Die komplexe Geschichte von Momjan und seiner wechselnden Herren (Pazin, Venedig, Aquileia; Ur- und Zeitgeschichtliches und die Römer nicht zu vergessen) wäre einer Metropole würdig. Nachkommen der letzten Herren von Momjan leben heute noch in Italien, erzählen Alfred, Friederike und Ulrike Goldschmid in ihrer „Liebeserklärung“ an Istrien.

Wie umstritten müssen die Grenzen allein in diesem kleinen und kleingliedrigen Gebiet im Nordwesten Istriens seit jeher gewesen sein. Immerhin hat man in Momjan einst ein Exemplar der „Istrischen Grenzschrift“ gefunden, ein Dokument aus dem 16. Jahrhundert mit den Grenzverläufen der Zeit.

Die Gegend um Momjan öffnet das Zeitfenster zurück in die Geschichte aber noch viel weiter – ganz ohne Bibliothek und Reiseführer allein beim ziellosen Herumkutschieren. (Mit Öffis ist das alles nicht zu machen. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Weilern am Ende kaum mehr befahrbarer Wege sind aber immer sehr freundlich, wenn sie erklären, dass es hier wirklich nicht weiter geht).

Nicht weit weg von Momjan, aber schon wieder mitten im Irgendwo der kleinen Fahrwege und Straßen, erregt ein Schild Aufmerksamkeit: „Tri križa. Tre croci. Thress crosses“. An dieser Stelle hätten im Jahre 1130 Vertreter von Grožnjan, Sorbar und Momjan drei Kreuze in einen Felsbrocken graviert, um die Gemeindegrenzen festzulegen. Der längliche Stein etwa in der Mitte der flachen Mulde um die die Straße feinsäuberlich herumführt, wird wohl „der“ Stein sein. Aber die drei Kreuze sind bei bestem Willen nicht zu erkennen. Bildet man es sich ein - oder steht man tatsächlich auf einem ganz besonderem Flecken Erde?

Die Aussicht ist jedenfalls überwältigend: Die Grenze zu Slowenien im Norden ist nahe, ein wenig westlich auch die Bucht von Piran. Wenn man weiß, dass sie da sind, scheint man im Dunst sogar die Salinen von Sečovlje zu erkennen.

Irgendwann muss man ja auch wieder hinunter vom Hügel, folgt einem der unzähligen Wein-Wegweiser – und weiß ausnahmsweise ganz genau, was kommt: Der Ruine Momjan zu Füßen liegt das Weingut „Kozloviċ“. Und genau dort war man tags zu vor, hat im strömenden Regen Weinkeller und Weingärten besichtigt und von den Rieden hinauf geschaut zu der effektvoll nebel-verhangenen Burgruine.

Nun sieht man im Sonnenschein das Gianfranco Kozloviċ nicht übertrieben hat: Sein neuer Weinkeller fügt sich - architektonisch hochmodern ein wenig a la Hillinger – respektvoll in die Landschaft ein. Die Konturen der Anlage sind von oben deutlich auszumachen, Dächer und Wände aber zugegrünt und bewachsen.

Nur das Büro- und Besucherzentrum samt Terrasse, wo auch die Weine verkostet werden, ist als Stein- und Glaskubus erkennbar. Irgendwo im Herzen der Anlage ist der ursprüngliche kleine Weinkeller noch erhalten, fast ein wenig zu feinsäuberlich konserviert. „Das war am Anfang alles.“

Die jungen Weinbauern folgen neuen Strategien und Philosophien: von der Natur nicht einfach nur nehmen, was diese hergibt, also etwa die Weinstöcke tragen lassen, soviel sie nur können, sondern kontrollieren. Immer wieder kontrollieren, die Reben auf den Rieden, die Fermentation in den Inox-Tanks, den gesamten Produktionsprozess…

Gianfranco Kozloviċ, Weinbauer in vierter Generation, erzählt, wie der skeptische Vater sich vor gut zwanzig Jahren von den neuen Techniken habe überzeugen lassen, alsbald selber Überzeugungsarbeit geleistet und den alten Weinbauern seiner Generation erklärt habe, dass es ein „sehr guter Wein“ sei, den sein Sohn da produziere. Davon scheint man anno 2015 niemanden mehr überzeugen zu müssen. Die Kozloviċ-Weine stünden nicht nur in den besten Restaurants in Istrien, sondern auch in Restaurants von Partnern in New York, London oder Wien auf der Karte.

Im Supermarkt seien sie nirgends zu bekommen, dafür sei die Produktion nicht groß genug. Santa Lucia Malvasia, Momjaner Muskat oder Teran gehören zu den gefragten – und auch längst international ausgezeichneten - Kozloviċ-Weinen. Dass Georg Riedel für Gianfranco Kozloviċ ein eigenes Malvasia-Glas entwickelt hat, ist nur stimmig.

Auf dem Weg von Momjan herunter zum Weingut der Familie Kozloviċ kommt man an einer aufwändig gefassten Quelle vorbei, einer fast bühneartigen Anlage: Das direkt aus einer steilen Felswand sprudelnde Wasser fließt in mehrere lange und schmale Becken. Kult- statt Parkplatz. Das Schild „Autowaschen verboten“ befremdet, wird aber wohl irgendwann aus gutem Grund aufgestellt worden sein.

Wein. Wasser. Fehlt nochÖl. Olivenöl. Ebenso perfekt touristisch vermarktet wie das Wein kelternde, ist inzwischen das Olivenöl pressende Istrien.

56 Produzenten aus Istrien haben für die Ausgabe 2015 ihr Olivenöl beim internationalen Olivenöl-Führer „Flos Olei“ eingereicht. 23 davon sind auf neunzig und mehr Punkte (von hundert) gekommen.

Nur zwölf Produzenten aus aller Welt (Italien und Spanien liegen vorne) bekamen von den Testern 98 Punkte. In die Gruppe mit 97 Punkten schaffte es als bestes istrisches Olivenöl „Olea B. B.“. In der Gruppe mit 96 Punkten liegt neben drei weiteren Anwärtern aus Istrien das Öl der Familie Ipša im Dorf Ipši weit vorne. Dreitausend Olivenbäume besitzt die Familie. Jeder einzelne Olivenbaum in Kroatien wird von der Behörde mittels Luftbildaufnahmen registiert. Ipši versteckt sich ein wenig südöstlich von unserem Augangspunkt Buje zwischen Oprtalj und Livade wiederum in steilen Hängen.

Dort führt Klaudio Ipša in die rituelle Olivenölverkostung ein. Noch faszinierende als „pur“ aus dem Stamperl ist das autochtone, sehr scharfe, Istarska bjelica-Öl freilich über istrischem Schinken oder Käse oder gar über Rührei mit fein gehobelter Trüffel oder zartschmelzend geschmorter vorderer Schweinshaxe. (Wird fortgesetzt)

www.kozlovic.hr www.ipsa-maslinovaulja.hr
Bilder: dpk-klaba
Zur Folge 1 Sanfte Hügel, steile Pfade, ferne Wellen
Zur Folge 3 Spargel, Tennis, Leuchtturmliebe

 

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