Ein Scharmützel zwischen Cello und Gambe
FESTIVAL HERBSTTÖNE (2)
25/11/13 Die Geige plustert sich mächtig auf, und im Gefolge erstarken auch andere neumodische Kumpanen, wogegen die alten Werte, für die Gambe oder auch Blockflöte stehen, den Bach runter gehen. Barockes beim Festival HerbstTöne der Universität Mozarteum.
Von Reinhard Kriechbaum
Gegen „Sultan Violon, diese Frühgeburt, diesen Zwerg“ poltert der barocke Autor Hubert le Blanc in einer Streitschrift, mit der er die Gambe gegen das Violoncello verteidigen wollte. Helfershelfer beim Siegeszug der Geige seien „Donna Cembalo und Signor Violoncello“. Letzterer ward ja dann zum Erzfeind der Laute…
Ein ideologisches Musikgemetzel also. War’s wirklich so dramatisch, hatte die Gambe wirklich Null Chance? Wenn man Vittorio Ghielmi (Gamben-Professor im Institut für Alte Musik an der Universität Mozarteum) spielen hört, dann begegnet man einem lebhaften Rhetor, der am Samstagabend (23.11.) an Werken von Marais eigentlich alle Vorurteile gegen die zwar wohlklingende, aber angeblich gegenüber dem Cello akustisch unterbelichtete Gambe widerlegte. Könnte es sein, dass seine Kollegen im Barockzeitalter technisch noch gar nicht so toll drauf waren wie er? Faszinierend jedenfalls im Detail, wie erfindungsreich Vittorio Ghielmi, mit der Theorbe begleitet von Eduardo Egüez, die Musik in ihrem Ausdruck ausreizte.
Das Thema Gambe gegen Cello wäre trotzdem auch heute für einen ansehnlichen Zweikampf gut. Fürs Cello trat Enrico Bronzi in den imaginären Ring. Er hat sich an zwei Sonaten von Geminiani abgearbeitet. Bronzi kommt nicht unmittelbar aus der Ecke der Aufführungspraktiker, aber er steht für eine Generation von Musikern, für die das Wissen um die rechten Phrasierungen und Verzierungen zum selbstverständlichen handwerklichen Rüstzeug gehört. In Wirklichkeit gibt es ja schon längst keinen Kampf mehr zwischen Alt-Tönern und vermeintlichen Traditionalisten. Wer heute sich behaupten will, muss nicht nur gut spielen, sondern auch viel Wissen um Stil und Ästhetik der jeweiligen Epoche. Das löste Enrico Bronzi beeindruckend ein.
Dieses Wissen zu erweitern: Das ist auch ein Ziel des Festivals HerbstTöne. Drum gibt es auch Einführungen. Gottfried Franz Kasparek machte das wie immer nicht vordergründig „belehrend“, sondern als ein Plauderer, der auch weiß, wann es genug ist. Das hat sein barocker Vorgänger, der Gamben-Advokat Hubert le Blanc, auch schon gewusst. Und drum war’s das pure Vergnügen, dem aus diesem Büchlein lesenden Robert Meyer zu lauschen. „Nicht sanfte Überredung“ nutzten demnach die damals neumodernen Streicher der Violin-Sippe. „Voll bösen Willens gegen die Gambe“ seien sie gewesen, heißt es einmal.
Ein weiteres Mal, am Sonntagvormittag (24.11.), haben sich Musiker vornehmlich vom Institut für Alte Musik beim Festival HerbstTöne ein Stelldichein gegeben. Unter dem Motto „TriAngel“ ging es um die Gattung der Triosonate vom Frühbarock (Giovanna Battista Fontana) bis ins Rokoko (Telemann). Es ist viel einschlägige Potenz beisammen am Mozarteum, was Lehre und Ausübung Alter Musik angeht.