Geigentöne, wie sie Mozart im Ohr hatte
HINTERGRUND / MOZART-GEIGE
15/11/13 Eine private Gönnerin hat der Stiftung Mozarteum Salzburg eine Violine von Pietro Antonio Dalla Costa (1764) geschenkt, die Mozart während seiner Wiener Jahre besessen und gespielt haben soll. Ein Instrument mit lupenreinem Stammbaum, wie Wissenschafter erklären.
„Es ist eine ganz besondere Situation, dass wir heute mit der Costa-Violine ein ‚unbekanntes’ Mozart-Instrument in Empfang nehmen können“, erklärt Ulrich Leisinger, der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung Mozarteum. „Erstmals können wir hiermit ein authentisches Bild für den Violinklang gewinnen, den sich Mozart in seinen Wiener Jahren vorgestellt hat.“
„Eine Geige von dieser Qualität als Geschenk zu erhalten - und dann noch dazu ein Instrument aus Mozarts Besitz! Mehr kann man sich nicht mehr wünschen. Es ist ein wirklich seltener Glücksfall und eine Sternstunde für die Mozart-Museen, bekräftigt Gabriele Ramsauer, die bei der Stiftung die Museen leitet.
Die sogenannte Costa-Violine wurde von Nicola Leibinger-Kammüller, der Vorsitzenden der Geschäftsführung der TRUMPF GmbH + Co. KG in Ditzingen bei Stuttgart, privat erworben und der Stiftung Mozarteum Salzburg geschenkt. Das Mozart-Instrument wurde laut dem eingeklebten Geigenzettel im Jahre 1764 von Pietro Antonio Dalla Costa, verfertigt. Nach Expertenmeinung ist die Geige tatsächlich ein authentisches Instrument dieses hoch angesehenen Mitglieds der sogenannten venezianischen Geigenbauschule.
Durch die großzügige Schenkung wird Mozarts Costa-Violine mit seinem Hammerklavier (Anton Walter, Wien, um 1781; der Stiftung bereits 1856 geschenkt) und seiner Viola (anonym, Norditalien, um 1700; im Besitz der Stiftung Mozarteum Salzburg seit 1966) wiedervereint. Zum ersten Mal überhaupt kann Mozarts Wiener Geige nun direkt mit seiner Salzburger Konzertvioline (Mittenwald, möglicherweise von einem Mitglied der Familie Klotz, um 1700; erworben 1956) verglichen werden.
Die Mozart-Violine von dalla Costa soll in den Mozart-Museen in Salzburg ausgestellt und regelmäßig zusammen mit den anderen Originalinstrumenten gespielt werden. Die weltweit größte Sammlung an Originalinstrumenten, Porträts, Briefen und andere privaten Gegenständen aus der Familie Mozart wird damit um ein wichtiges Instrument reicher.
Fachleute sagen, die Geige sei in allen wesentlichen Teilen original und vollständig und in einem guten, spielfähigen Zustand. Wie bei fast allen italienischen Meistergeigen des 17. und 18. Jahrhunderts wurden der Hals und das Griffbrett des Instruments später verlängert, so dass es auch noch für das Violinrepertoire der Romantik verwendet werden konnte. Dalla Costa, dessen genaue Lebensdaten nicht bekannt sind, war in Treviso, 30 Kilometer nördlich von Venedig zwischen etwa 1733 und 1768 tätig. Der Geigenbauer orientierte sich an den Instrumenten der Familie Amati, hat dabei aber einen eigenen Stil entwickelt. Dalla-Costa-Violinen haben einen kräftigen und tragenden Klang und sind daher als Konzert-Instrumente heute sehr gesucht.
Mozart war ein versierter Geiger; seine Violinkonzerte, die in Salzburg um 1775 komponiert wurden, gehören noch heute zum Standardrepertoire. Obwohl sich Mozart als ausführender Musiker in seiner Wiener Zeit ab 1781 auf das Hammerklavier konzentrierte, hat er im privaten Kreis immer auch Streichinstrumente gespielt. Mozart muss schon kurz nach seiner Niederlassung in Wien diese Geige erworben haben, da er damals mehrere Sonaten für Klavier und Violine komponiert hat, die ausdrücklich für ihn selbst und seine Ehefrau Constanze, bestimmt waren. Die Costa-Violine, damals ein relativ neues und somit auch kein außergewöhnlich kostbares Instrument, hat Mozarts professionelle Ansprüche perfekt bedient.
Die Costa-Violine wurde 1909 von der Firma W. E. Hill & Sons in London, angekauft. Der Vorbesitzer, der Geiger Karl Henkel, erklärte, dass sein Vater Heinrich Henkel die Geige um 1840 dem Musikverleger Johann Anton André in Offenbach abgekauft habe. André habe das Instrument, das er von der Witwe des Komponisten als Teil des musikalischen Nachlasses im Jahr 1799 erworben hatte, stets als „Mozarts Geige“ bezeichnet. Das Instrument wurde in einigen Fachzeitschriften in den 1940er- und 1950er-Jahren diskutiert und auch fotografisch dokumentiert, aber die Geige ist vor der Auflösung der Firma Hill & Sons in den 1980er-Jahren nie öffentlich gespielt oder wissenschaftlich untersucht worden. Sie kam dann in den Besitz eines Geschäftsmannes und Amateurmusikers in Süddeutschland. (ISM/dpk)