Heranführen. Verführen.
OENM / BANK AUSTRIA KUNSTPREIS 2012
15/02/13 „Kein Zwischensatz-Räuspern, kein Programmheft-Geraschel, kein Handy-Gelärme, kein Zuckerlstanniol-Geknister. Im absoluten Zentrum die Musikerinnen und ihre Musik. So muss die Konzertsituation im Paradies gewesen sein.“ So schwärmte DrehPunktKultur über das erste Konzert in der Reihe „oenm . ganz privat“.
Von Heidemarie Klabacher
„Ein sympathisches und überzeugendes Unterfangen. Man darf man gespannt sein, was aus dieser schönen Initiative wird.“ Diese Frage stellte DrehPunktKultur im Oktober 2011. Eineinhalb Jahre später - heute Freitag (15. 2.) – erhält das „oenm. österreichisches ensemble für neue musik“ im Wiener Theater in der Josefstadt den Bank Austria Kunstpreis 2012 in der Kategorie Kunstvermittlung. Der mit 70.000 Euro dotierte Preis wurde geteilt. Das oenm erhält 35.000 Euro, die zweite Preishälfte geht an das Filmfestival Diagonale in Graz für den Filmvermittlungsworkshop "Lehrlinge analysieren Film".
Unter dem Titel „oenm . ganz privat“ finden im Atelier des Ensembles im Künstlerhaus seit Spätherbst 2011 unter dem Motto „Bei uns daheim spielen wir nur für Sie“ intime Abendkonzerte und Matineen statt. „Diese Konzerte sind so konzipiert, dass die im klassischen Konzertsaal unvermeidliche Schwelle zwischen Bühne und Publikum, zwischen MusikerIn und ZuhörerIn aufgehoben wird und die Musik den direktesten Weg zu ihrem Empfänger nehmen kann“, so Peter Sigl, der künstlerische Leiter und Alexander Kraus, der Geschäftsführer des oenm. Die Programme verbinden zeitgenössische Werke, klassisches Repertoire und Alte Musik.
Ansprechen wolle man mit der Reihe „oenm . ganz privat“ vor allem jene Menschen, „die (noch) keinen Zugang zur (Neuen) Musik gefunden haben“. Erfahrene Konzertbesucher werden zwar nicht heimgeschickt, sind sogar „durchaus willkommen“. Vor allem aber wolle man Menschen ansprechen, „die noch nie in einem Konzertsaal waren oder sich dort nicht besonders wohl fühlen, wenig bis kein Verständnis für - und schon gar kein Bedürfnis nach Neuer Musik haben“. Der Eintritt ist frei.
Musiker und Gäste kommen sich auf nur fünfzig Quadratmetern von selber nahe, das „Musikwohnzimmer“ im Künstlerhaus bietet „auf uneinheitlichen und kaum geordneten Stühlen“ (darauf legt man Wert), Platz für maximal zwanzig bis fünfundzwanzig Gäste. „Diese werden persönlich begrüßt und mit einem Glas Weißwein oder Prosecco willkommen geheißen. Nach den Abendkonzerten gibt es Brot, Wein und Käse, nach den Matineen Kaffe und Croissants. „Musik wird viel zu oft nur mehr als Begleit-Erscheinung wahrgenommen, sei es beim Einkaufen, aus dem Autoradio oder als Klingelton.“ Zu selten werde Musik als „singuläres, glücklich machendes und den Horizont erweiterndes Ereignis“ wahrgenommen. Dem wolle man abhelfen. Die 35.000 Euro Preisgeld aus dem Bank Austria Kunstpreis 2012 werden in diese Initiative fließen.
Die gute Gelegenheit nutzen Peter Sigl und Alexander Kraus zu einem Appell an die Adresse der Fördergeber bei Stadt, Land und Bund: Man möge das oenm „seinem künstlerischen Anspruch und seinen Leistungen“ entsprechend fördern. Eine professionelle Arbeit auf diesem künstlerischen Niveau werde sonst nicht mehr lange zu halten sein.