Und Gott sprach
SALZBURGER BACHCHOR / CHORAGE#1
27/03/24 Was sich der Bachchor dieser Tage als Arbeitspensum verordnet, verdient Respekt und Anerkennung. Er ist in den drei Aufführungen von La Gioconda und den beiden Konzerten mit dem Verdi-Requiem mit von der Partie. Und am Dienstag (26.3.) ein höchst anspruchsvolles Konzert in der eigenen Reihe CHORAGE.
Von Horst Reischenböck
Seit vierzig Jahren gibt es nun den Bachchor Salzburg. Drei Mitglieder sind von Anbeginn an dabei und wurden im Großen Saal des Mozarteums auch würdig bedankt. Das Jubelfest des Bachchor war auch Anlass, Auftragskompositionen zu vergeben, die über das Jahr auf drei Termine verteilt in der CHORAGE-Reihe präsentiert werden.
„Dein allererstes Wort war: Licht“ heißt es in Mark Simpsons PHÔS. Ausgangspunkt ist nicht die Bibel, sondern das Stundenbuch von Rainer Maria Rilke. Daraus zusammengefügt ein dicht gesponnenes Geflecht der Stimmen, Menschheitsbezogen, begeistert in Anwesenheit des Schöpfers akklamiert.
Das neue Stück stand am Beginn und damit gleichsam als Gegenpol zur tief lotenden Mystik Anton Bruckners. Guter Grund, Musik im Bruckner-Gedenkjahr hierorts aufzuführen: Er weilte schon zum Mozart-Jahr 1856 an der Salzach und hat sich zwei Mal um den Direktorsposten am Mozarteum beworben. Probleme beim Einstudieren seiner Chorwerke brachte mit sich, dass ihm Andere vorgezogen wurden. Für uns Nachkommen aus heutiger Sicht absolut zum Vorteil.
Anspruchsvoll, fordernd sind Bruckners a-capella-Sätze nach wie vor: Das Graduale „Virga Jesse floruit“ WAB 52 und das bekanntere Locus iste WAB 23 genauso wie das Offertorium Afferentur regi WAB 1. In diesem Stück ist auch ein Posaunentrio beschäftigt, das auch zwei der selten zu hörenden Aequale WAB 114 und 149 mit einstreute.
Nachdem zur Auflockerung noch reizvolle Vokalisen der zeitgenössisch britischen Komponistin Cheryl Frances-Hoads Beyond the Night Sky auf Worte des Physikers Stephen Hawking gesungen wurden, bildete Bruckners tief lotendes Christus factus est WAB 11 mit den vorweggenommenen Anklängen an das Te Deum den Höhepunkt vor der Pause.
Es folgte die Messe Nr. 2 in e-Moll WAB 22, die Bruckner zur Weihe der Votivkapelle im damals noch nicht vollendeten größten Dom Österreichs in Linz schuf. Keine Freiluftmusik, obwohl damals vor dem Bau ausgeführt und von daher für eine fünfzehnteilige Harmonie – nicht im Sinne einer Besetzung der Klassik zu vergleichen – besetzt. Die Bläserstimmen aus Reihen des Mozarteumorchesters verschmolzen unter den beschwörenden Händen von Dirigent Benjamin Hartmann perfekt mit den vierzig Sängerinnen und Sängern dahinter. Wie und woher mag der Florianer Meister nicht bloß Kenntnis von Werken etwa Palestrinas, sondern auch damals noch gar nicht aufbereiteter Musik des Mittelalters gehabt haben? Solchen Geheimnissen hinter dem faszinierenden polyphonen Stimmgeflecht war man da inhaltlich auf der Spur. In der Geradlinigkeit der Ausführung war das gleichwohl emotional so berührend, dass die nachklingende Stille im Auditorium noch lange anhielt, bevor sich allgemeiner Dank begeistert artikulierte.
Bild: www.bachchor.at / Andreas Hechenberger
Zum Bericht Das Göttliche von Bruckner bis Ellington