Von der besten in eine neue Welt?
KULTURVEREINIGUNG / PHILHARMONIE SALZBURG / FUCHS
02/01/24 Bewundernswert, was Elisabeth Fuchs und ihr Orchester auftrags der Kulturvereinigung um den Jahreswechsel herum leisteten! Zu Silvester zündete sie in Zell am See ein pannonisches Feuerwerk. Am Neujahrstag im Großen Festspielhaus führte die Reise zusammen mit dem Pianisten Fabio Martino gleich zweimal über den Atlantik.
Von Horst Reischenböck
Leonard Bernsteins Candide ist ein Paradebeispiel dafür, wie und dass viele Köche den Brei verderben – nämlich das Libretto betreffend, an den sich nicht weniger als zehn Autoren, inklusive Lennie selbst, versucht haben. Ursprünglich als Bühnenfassung von Voltaires Komödie mit Schauspielmusik geplant, begeisterte sich Bernstein an dem Stoff über „die beste aller möglichen Welten“. Candide freilich wurde ein Schmerzenskind, das schon bei der Uraufführung 1956 am Broadway mit Bomben und Granaten durchfiel. Woran die Musik eigentlich schuldlos war. Geriet doch schon die, zum Unterschied zu den übrigen Nummern, von Bernstein selbst instrumentierte Ouvertüre zum Paradebeispiel eines spontan mitreißenden Auftakts. Ihre Wirkung verfehlte sie auch anno 2024 im Großen Festspielhaus keineswegs - impulsiv angefacht durch Elisabeth Fuchs.
Das Programm verharrte mit George Gershwins Klavierkonzert in F-Dur, seinem einzigen groß dimensionierten Beitrag zur Gattung, weiter auf dem amerikanischen Kontinent. Aufrüttelnd ist der wiederholte Paukeneinsatz.
Nach der Exposition im Charleston-betonten Kopfsatz samt seinen pentatonischen Themen und einem ersten Forte-Akkord der linken Hand, zog sich der junge aus Brasilien gebürtige Pianist Fabio Martino am Steinway sofort verinnerlicht differenzierend zurück. Wie auch im nachfolgenden Adagio, über das Gershwin schrieb, es handle sich darin um eine „poetische, nächtliche Atmosphäre, die als amerikanischer Blues bezeichnet wird“. Das wurde jazzig stimmig und gefühlvoll vom Solo-Trompeter geblasen. Im letzten Satz „einer Orgie der Rhythmen“ entfesselte Martino dann vollends alle Register seines virtuosen Könnens.
Nach der Pause dann Antonín Dvořáks Gruß aus der für Europäer damals noch immer relativ unbekannten „Neuen Welt“, der Sinfonie e-Moll op. 95. Der Komponist stellte, trotz der pentatonischen Melodien, die Verwendung indianischer Vorbilder in Abrede, viel eher schwinge deren Geist darin mit. Ihnen sannen Elisabeth Fuchs und die Philharmonie Salzburg schon in der Adagio-Einleitung berührend nach, ehe sich der erste kämpferische Turbo seine Bahn brach. Im gleichen Sinn war und ist auch das festlich verebbende Finale zu deuten, in dem das Blech doch leichte Ermüdungserscheinung zeigte. Wer wollte das bei den geforderten Kraftakten wohl verübeln.
Nachdenklich und bis an die mögliche Grenze zart abschattiert wurde das Largo ausgekostet. Nur schade, dass unkontrollierte Huster ausgerechnet das exzellent feinst gesponnene Streicher-Pianissimo wieder einmal empfindlich störten. Abgesehen davon, dass der nach jedem Satz aufbrausende Beifall jeden noch verbliebenen Rest vorhandener Stimmung in den Keller beförderte. Als Rausschmeißer fungierte voll pulsierend aufgedreht das Beispiel eines aus Kroatien bzw. Serbien stammenden Kolo, Dvořáks Slawischer Tanz Nr. 7 C-Dur op. 72.