Was für ein Heidenspaß!
PHILHARMONIE SALZBURG / SALUT SALON
17/04/23 Sie spielen sich durch einfach alles, was der liebe Gott verboten hat, und das mit unsäglichem Temperament. Da kann es schon passieren, dass der Cellobogen heiß läuft und kurz in Flammen steht. Zu dem Zeitpunkt hat das Publikum im Großen Festspielhaus seinerseits Feuer gefangen. Lichterloh brennende Begeisterung.
Von Reinhard Kriechbaum
Salut Salon ist eine deutsche Girlband der Sonderklasse. Musik-Performerinnen, wie man sie so schnell nicht findet. Vor Angelika Bachmann, Geigerin und Gründerin des Quartetts, ist keine Partitur gefeit: Sie überträgt für ihr Ensemble, wie man sich am Freitag (14.4.) zwei Mal im ausverkauften Großen Festspielhaus überzeugen konnte, alles was ihr unter die Finger kommt. Von Vivaldi bis Prokofjew, von Schumann bis Tschaikowsky. Tangos von Astor Piazzolla oder Musik aus den Gymnopédies von Erik Satie sowieso, so etwas bietet sich ja an für derlei Unternehmungen.
Das sind witzige, im Einzelnen raffinierte und vor spritzigen Ideen überquellende Übertragungen und Paraphrasen, die an diesem Abend mit der Philharmonie Salzburg nochmal eine Drehung bekommen haben: So manche Bearbeitungen von Angelika Bachmann wurden nämlich „zurückübersetzt“, der Arrangeur Thorsten Schäfer hat also wieder Orchesterstimmen dazu geschrieben. Da ein Klarinettensolo, dort Akzente vom schweren Blech, viel Pizzicato rundherum... Launiger Symphonic Pop in Summe.
Die Zusammenarbeit von Salut Salon mit Elisabeth Fuchs drängt sich fast auf – sie und die Quartett-Damen setzen sich ja mit ähnlicher Begeisterung und Unermüdlichkeit für die Vermittlung von Musik an junge Leute ein. Angelika Bachmanns Projekt The Young ClassX, 2007 ins Leben gerufen, hat bisher 30.000 Kindern und Jugendlichen in Hamburg Begegnungen mit klassischer Musik ermöglicht, singend, spielend, hörend. Mit Salut Salon Symphonique werden in nächster Zeit also Wesensverwandte gemeinsam auf Tournee gehen. Uraufführung des Programms Träume war jetzt in Salzburg.
Was für ein Heidenspaß! Angelika Bachmann und Meta Hüper (Violine), Heike Schuch (Violoncello) und Kristiina Rokashevich (Klavier) können ja nicht nur toll musizieren. Alle vier sind launige Moderatorinnen, die sich Sätze so präzis zuwerfen wie die Feuerkugeln. Ja, ja, auf allerlei Illusions- und Zauber-Mätzchen verstehen sie sich auch. Und aufs Puppenspielen. Und aufs Singen, wobei sie da nicht auf eigene Sätze bauen sondern auf solche des legendären Musik-Dramaturgen Franz Wittenbrink. Da kommt sogar der Große schwarze Vogel von Ludwig Hirsch daher, „mit leichter norddeutscher Note“, wie man augenzwinkernd versicherte. Wittenbrink hat auch Goethes Hexeneinmaleins vertont, und das durfte auch nicht fehlen in diesem Programm rund um Träume.
Die Philharmonie Salzburg geht, wie berichtet, in die Jubiläumssaison (es gibt sie seit 25 Jahren). Zwei Mal vor vollem Festspielhaus, da war dieses Konzert beste Werbung für so manche neue zu startende Initiative, etwa den Abo-Zyklus Mitten im Orchester. Das Konzert war also zugleich eine gelungene Verkaufsshow, und das darf ruhig sein. Zum Steinerweichen Eric Satie auf der Singenden Säge, zaubrisch das Arrangement der Liszt-Konzertetüde La Leggierezza zu Schneeflocken-Poesie. Und weil schon von Hexen die Rede war: Die Wörter witch und Swatch gaben imponierende Zungenbrecher her und Das schlechte Wetter aus Mendelssohn-Bartholdy Vertonung der Ersten Walpurgisnacht spülte die Gehörgänge ordentlich durch.