Im Klavierhimmel
CAMERATA SALZBURG / GRIMAUD
27/02/23 Die Camerata weiß, was ihr ihre Abonnenten wert sind: Zum jüngsten Doppelschlag von Freitag-Konzert und Sonntag-Matinee versicherte die Camerata Salzburg sich Frankreichs Weltklasse-Pianistin Hélène Grimaud. Angeführt durch Konzertmeister Giovanni Guzzo geriet die Begegnung im Großen Saal des Mozarteums zur Sternstunde.
Von Horst Reischenböck
Der erste Teil des Abends war für Wolfgang Amadé Mozart reserviert. Hélène Grimaud betrat vorerst wie ein scheues Reh das Podium, um sich am Steinway dann einem ihrer Lieblingswerke, dem Konzert für Klavier und Orchester d-Moll KV 466 zu widmen. Dieses wurde übrigens, in gleicher Konstellation, vor drei Jahren in der Großen Aula aufnommen.
In einer Besprechung in der Allgemeinen Musikzeitung stand anno 1800 zu lesen, der „Solist kann gehört und verstanden werden – was in Mozarts Konzerten nicht immer der Fall ist“. Am Freitag (25.2.) stand die ideale Klangbalance zwischen den einzelnen Instrumentengruppen und der Solistin jedenfalls außer Frage. An den nervig vibrierenden Einstieg der Streicher und die nachfolgenden hart akzentuierten Tutti-Schläge im Kopfsatz knüpfte Grimaud in bester Übereinstimmung mit perlend kraftvoller Pranke an, die ihr so fast nicht zugetraut worden wäre.
Beide Partner trieben einander gleichgestimmt in den düster dramatischen Konflikt hinein, der in der, dazu alleinig passenden, Kadenz von Ludwig van Beeethoven kulminierte. Ein Herz und eine Seele bildete auch die an den verdämmernden Ausklang anschließend lieblich dazu kontrastierende Romance, deren vordergründig zärtliche Lockerheit gleichwohl auch nicht lange dauerte blieb. Das Feuer ließ Grimaud nochmals grimmig kämpferisch im finalen Rondo auflodern, dessen gewollt positiven Schluss sie unwirsch rasch beiseite schob.
Giovanni Guzzo und die Camerata wandten sich dann Mozarts Symphonie Es-Dur KV 543 zu, seiner drittletzten. Sie führten festlich getrimmt mit dem rhythmisch punktierten Adagio ins erste Allegro, schritten einmal wirklich beschwingten Schrittes durchs nachfolgende Andante samt seinen die Romantik vorwegnehmenden Anklängen und verpassten dem Menuett kaum mehr tanzbaren Drive. Da war es dann zwangsläufig fast logisch, dass Wiederholungen im abschließenden Sonatenhauptsatz nicht mehr zu Diskussion standen.
Dann der seltene Fall, dass ein Programm eines zweites Klavierkonzert beinhaltet, nämlich das Konzert für Klavier a-Moll op. 54 von Robert Schumann. Dieses zählt innerhalb der romantischen Literatur zu Hélène Grimauds Favoriten, dem sie sich zusammen mit der Camerata hingebungsvoll widmete. Zumal ihr diese, von der Besetzung her kammerorchestrale Formation zur Seite stand, in deren Intimität sie sich vom ersten Akkord an hörbar wohl eingebettet fühlte. Nicht zuletzt im Dialog mit den warm intonierenden Holzbläsern, die vor allem dem Andantino grazioso Glanzlichter aufsetzten. Mit Standing Ovations bejubelt, weil entsprechend brillant genomm en der Allegro vivace-Schluss.
Ihm fügte Grimaud mit den con sordino-Streichern das berührend fragil an Mozart gemahnende Stück The Messenger des im deutschen im Exil lebenden Ukrainischen Komponiten Valentin Silvestrov an. Als Kontrast zu unsrer desaströsen Zeit eine innere Flucht in die Schönheit.