Kriegerisches festliches Blech
MOZARTEUMORCHESTER / GABRIEL VENZAGO
12/12/22 Die Corona-Beschränkungen förderten – auch – die Kreativität: Im Sinne des Zusammen- und Durchhaltens trafen die sich Blechbläser mit den Schlagwerkern zum Proben. Das Ergebnis begeisterte – unter der Leitung von Gabriel Venzago – beim ersten öffentlichen Auftritt im Großen Saal des Mozarteums.
Von Horst Reischenböck
Um dem Motto „Brasskonzert zum Advent“ vom ersten Moment an gerecht zu werden, erfüllten weihnachtliche Klänge schon das Foyer. Es spielte ein Blechbläserquintett des Musikums: Nachwuchs, der sich durchaus schon jetzt für eine spätere Aufnahme ins Mozarteumorchester empfahl. Dann spielten die Blechbläser und Schlagwerker des Mozarteumorchesters unter der Leitung von Gabriel Venzago ein fulminant abwechslungsreiches Programm: Zwei Canzons von Giovanni Gabrieli, Georg Friedrich Händels Feuerwerksmusik und Tochter Zion in Arragements für Brassorchester. Aaron Coplands Fanfare for the Common Man für Blechbläser und Percussion, Werner Pirchners Fire Water Music PWV 22 und von Engelbert Humperdinck Abendsegen und Traumpantomine.
Strahlende Trompetenklänge waren ein Symbol für Herrscher, weltliche wie geistliche. Giovanni Gabrieli schuf für den Dom San Marco in Venedig mehrchörige Werke (die übrigens später für den Salzburger Dom quadrophon überhöht werden sollten): Zwei Siebenerpartien mit Trompeten, Hörnern, Posaunen und Tuba standen zu Beginn auf dem Podium einander gegenüber, um dem Frage- und Antwortspiel in Gabrielis Canzon duodecimi toni in der Bearbeitung von Robert King zu glanzvoller Wirkung zu verhelfen. Das wurde noch gesteitert durch das Canzon in double echo, in der eine dritte Partie von „oben“, spricht von der linken Seitenloge herab, einstieg. Vom Rang hinten wär’s vielleicht noch etwas wirkungsvoller gewesen.
Robert King edierte auch Georg Friedrich Händels berühmte Music for the Royal Fireworks HWV 351 für „warlike instruments“. Flankiert wurden die „kriegerischen Instrumente“ von zwei „side drums“, sprich Rührtrommeln. Das natürlich nicht die Besetzung von 1749, die für die aufführung im Freien 24 Oboen und 12 Fagotte umfasste. Der geforderten Terrassendynamik tat auch die kleine Besetzung keinen Abbruch. Unter Venzagos Stabführung pulsierte gleich zu Beginn rhythmisch präzise die Largo-Andante-Einleitung der Ouvertüre, die denn auch spontan Applaus nach sich zog. Zart wurde La Paix akustisch zurückgestuft, mit dem Händel sich auf den Frieden von Aix-la Chapelle bezog. Für Kenner weniger nachvollziehbar, dass derArrangeur Elgar Howarth das original als Trio ins Finale eingebettete zweite Menuett aus dem Kontext gelöst und geich im Anschluss daran noch vor das tänzerische La Réjoussance eingeschoben hat.
Es folgte die in unseren Breiten kaum einmal gespielte Fanfare for the Common Man. Wie Gabriel Venzago erläuterte, wurde diese Aaron Copland bewusst für den „gemeinen“, also den „gewöhnlichen“ Mann geschrieben. Nicht für die Militärmusik, der in den USA Fanfaren ausschließlich zustanden. Ein Meisterwerk für „gemeine“ Virtuosen, brillant und witzig. Glissando von der Tiefe bis ins höchste Register aller Ausführenden: Schöner Kontrast dann Werner Pichners sowohl nachdenkliche wie in ihrer Ausdrucksskala skurrile Fire Water Music PWV 22, ehe Engelbert Humperdincks Abendsegen und die Pantomime aus der Oper Hänsel und Gretel doch noch vorweihnachtliche Assoziation weckte. Der offizielle Abschluss war wiederum festlich: See the Conqu‘ring Hero Comes, der später mit dem Text Tochter Zion unterlegte Jubelchor aus Händels Oratorium Joshua HWV 64, Der Chor schallte übrigens derzeit vom Glockenspiel über die Altstadt). Das war eine Bearbeitung von Josef Steinböck, Solotubist im Mozarteumorhester und einer der Inititor des Brassabends. Die Idee sollte bitte weiter verfolgt werden!
Bilder: MOS / Erika Mayer