Alles, was Flügel hat...
HINTERGRUND / HEIMSPIEL
07/10/22 Mit der Reihe Heimspiel lädt das Mozarteumorchester heim ins Orchesterhaus im Petersbrunnhof schräg gegenüber dem Schauspielhaus. Heimspiele gibt es als Orchester-, Kammer- und Familienkonzerte samt eigener Klavierreihe PIANOpiano mit Herbert Schuch. Und die Federn flogen nur so beim Familienkonzert Vogelwelten.
Von Heidemarie Klabacher
Vom Balkon des Orchesterhauses aus erlebt man die Musikerinnen und Musiker in greifbarer der Nähe. Sieht auch mal die heiteren Gesichter und flinken Finger zu den – jedes Mal wieder hymnisch gelobten, bekannt virtuosen Bläsersoli. Fühlt sich quasi „integriert“ in das Geschehen zwischen spielen, umblättern, Blicke auf den Dirigenten werfen, Instrumente wechseln – Flöte gegen Piccolo vielleicht – oder den Vorbereitungen von Schlagzeuger und Paukisten für einen heftigen Wums oder ein ein heimliches Pochen...
All das ist nicht nur für Kinder super zu beobachten. Mit den Orchestersiuten Die Vögel von Ottorino Respighi und Igor Strawinskys Feuervogel (in einer Fassung für Kammerorchester) standen zudem kurze Werke mit viel Action auf dem Programm. Das es „Werke“ und nicht zurecht-pädagogisierte „Schnipsel von Werken“ waren, ist toll.
Auch toll: Der Orchesterdirektor begrüßte das junge Publikum, ließ ein wenig Vögel raten, erzählte etwa, dass es bei der Uraufführung vom Feuervogel im Publikum einst eine Prügelei zwischen moderner und weniger modern Gesinnten gegeben habe – und verzichtete erfreulicherweise auf alle sonstige Belehrung. Charmant und klug.
Denn die mitreißende Musik – zwischen pointiertem allegro vivace-Gegacker und Höllentanz des Kaschtschei und den vielen betörend schönen Melodien und Traumliedern von Taube oder Nachtigall dazwischen – sprach ohnehin für sich.
Mitsingende Kinder irritieren nur auf den ersten Summer die Zuhörerin in der Reihe davor, auf den zweiten zaubern sie bereits ein Schmunzeln hervor und erfreuen als großes Kompliment für das Orchester.
Am Pult stand am Donnerstag (6.10.) der junge spanische Dirigent Julio García Vico. Das Heimspiel war sein Debüt mit dem Mozarteumorchester. Julio García Vico gewann 2019 den Deutschen Dirigentenpreis und 2021 die Internationale Donatella Flick Conducting Competition.
2020 debütierte er bei den Münchner Symphonikern, derzeit ist er Assistent des London Symphony Orchestra, arbeitet also mit Sir Simon Rattle, Gianandrea Noseda, François-Xavier Roth, Sir John Eliot Gardiner, Barbara Hannigan oder Sir Antonio Pappano zusammen. Das hört man auch. Präzise, anfeuernd, dabei mit viel Umsicht die Lautstärke im doch kleinen Orchesterhaus im Ohr habend, brachte Julio García Vico Schwung in Hühnerhof und Zaubergarten. Zur Untermalung der gemeinsamen Erlebnisse von Feuervogel, Prinz Zarewitsch und Prinzessin Zarewna mit dem Zauberer und dessen Dämonen hat der Salzburger Illustrator und Mediendesigner Clemens Birsak digitale, archtypisch reduzierte, wohltuend langsam sich „bewegende“ Bilder geschaffen. Keine Ablenkung von der Musik für die Großen, aber ein charmantes Hilfsmittel bei der Stange zu bleiben für die Kleinen. – Eine wunderschöne Konzertstunde.