Heimatland ist – notfalls – überall
KULTURVEREINIGUNG / DAS PROGRAMM
14/04/22 Die Kulturvereinigung will „sinnstiftende Aktivitäten setzen“, lädt österreichische, aber auch wieder verstärkt internationale Orchester ins Große Festspielhaus und will mit neuen Formaten neues Publikum ansprechen und seine treuen Abonnenten, zuletzt teils noch im Corona-Vorsichts-Modus, zurückgewinnen.
Von Heidemarie Klabacher
Saisonbeginn bei der Kulturvereinigung ist – nach alter Tradition – im Frühsommer. Das spielt es heuer zum letzten Mal: Am 19. Mai eröffnet die Ungarische Nationalphilharmonie mit Mahlers Vierter Symphonie die neue Spielzeit. Ab 2023 ist – wie bei allen anderen Veranstaltern – auch bei der Kulturvereinigung Saisonbeginn im Herbst.
Róbert Farkas leitet zum Auftakt der Spielzeit 2022/23 die Ungarische Nationalphilharmonie. Kulturvereinigungs-Leiter Thomas Heißbauer hat es gern, „wenn die internationalen Orchester auch Stücke aus ihrer Heimat mitbringen“. Daher erklingen in den beiden Konzerten am 19. und am 20. Mai neben der Vierten Mahler von Zoltán Kodály die Variationen über ein ungarisches Volkslied Der Pfau und Tänze aus Galanta, sowie Ernst von Dohnányis Symphonische Minuten op. 36.
Im September geht es weiter mit einer ursprünglich als Gedenken an den Zweiten Weltkrieg geplanten Programmfolge, die durch den Krieg in der Ukraine erschütternde Aktualität gewonnen hat. Der Filmabend Hoffnung Musik im Das Kino war gedacht als Einstimmung auf die Konzerte der Filharmonie Brno unter Dennis Russell Davies am 28. und 29. September mit Dmitri Schostakowitschs Siebter Symphonie Leningrader. Der Filmabend zuvor am 19. September zeigt das Doku-Drama Leningrad Symphonie – Eine Stadt kämpft um ihr Leben der Gebrüder Beetz, gefolgt von Roman Polanskis Film Der Pianist. Als Ehrengast erwartet wird Andrej Szpilman: Er ist der Sohn des Pianisten Władysław Szpilman und Herausgeber der Tagebücher seines Vaters unter dem Titel Das wunderbare Überleben. Warschauer Erinnerungen 1939 – 1945. Diese Tagebücher waren die Grundlage für Roman Polanskis berühmten Film. „Die nicht vorhersehbar gewesene Aktualität der gezeigten Filme aufgrund der Kriegswirren in der Ukraine sind erschütternd“, so der KulturvereinigungsleiterThomas Heißbauer.
Mit den Konzerten Die Leningrader der Filharmonie Brno unter Dennis Russell Davies am 28. und 29. September anlässlich des 80. Jahrestages der legendären Aufführung der Siebten Schostakowitsch im belagerten Leningrad beginnen in Salzburg zugleich die Kulturtage. (DrehPunktKultur hat bererichtet.) Das dritte Konzert im ersten Dreier-Zyklus gilt Erich Wolfgang Korngold zum 125. Geburtstag, Solist in dessen Violinkonzert ist Milan Pala.
Am 2. Oktober ist der erste Termin im neuen vierteiligen Format Musik:conText. Zum Abend Pasión Tango – The Story kommt Fritz Karl als Sprecher mit dem Cellisten Friedrich Kleinhapl und dem Pianisten Andreas Woyke. Am 9. November geht es mit den Abo-Zyklen weiter mit dem Orchestre National de Lille unter Alexandre Bloch mit Nemanja Radulović für das Tschaikowski-Violinkonzert. Drei mal Weihnachtsoratorium gibt es ab 21. Dezember mit Mozarteumorchester und Bachchor unter Matthew Halls. „Das Weihnachtsoratorium wurde vor zwei Jahren abgesagt“, erinnert Thomas Heißbauer. Die neuen Termine stünden „stellvertretend dafür, dass wir abgesagte Projekte nachholen wollen“. Bei diesem Werk ist das gar nicht so leicht. Er freue sich, so der Kulturvereinigungsleiter, „dass es im Dezember klappt, weil im April geht kein Weihnachtsoratorium“. Eine Wiedereinladung ist auch das Neujahrskonzert mit dem Symphonieorchester Vorarlberg unter Leo McFall und dem Solisten Benjamin Schmid.
Mit dem Brahms Zyklus der Wiener Symphoniker unter Andrés Orozco-Estrada geht es im Jänner weiter. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Duncan Ward kommt im Februar und spielt ein „typisches RSO Programm“ mit der 16. Symphonie von Mieczysław Weinberg im Zentrum. Das RSO war 1976 zuletzt zu Gast. Nils Mönkemeyer spielt das Rhapsodie-Konzert für Viola und Orchester von Bohuslav Martinů, „1952 in den USA, aber nicht ganz ohne böhmischen Hintergrund“ entstanden.
Ebenfalls im Februar gastiert das Belgian National Orchestra unter Constantin Trinks gemeinsam mit dem Klavierduo Silver-Garburg. Auf dem Programm das Konzert für Klavier zu vier Händen und Streichorchester nach dem Quartett op. 25 von Johannes Brahms und die Enigma Variationen von Edward Elgar. Im April ist wieder das Mozarteumorchester zu Gast bei der Kulturvereinigung mit Petr Popelka am Pult und Jörg Widmann als Solisten im Mozart- bzw. im Weber-Klarinettenkonzert. Endlich einmal den ganzen Zyklus, nicht nur Die Moldau, spielt die Deutsche Radio Philharmonie: Auf dem Programm steht Bedřich Smetanas Zyklus Má Vlast - Mein Vaterland. Dirigieren wird der aus Finnland stammende Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie, Pietari Inkinen, der den nächsten Ring in Bayreuth dirigieren wird.
Bilder: KV / Till Brönner; Joanna Harries; Marco Borggreve; Ede Dömötör; Alan Kerr
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