Beethoven kontra Strauss
KULTURVEREINIGUNG / MOZARTEUMORCHESTER / MINASI
25/04/19 Das Beethoven-Jahr 2020 wirft seine Schatten voraus. Zu dem Anlass – den 250. geburtstag – spielen Herbert Schuch und das Mozarteumorchester die Klavierkonzerte. Zum Auftakt am Mittwoch im Großen Festspielhaus das Konzert Nummer eins, und dazu Strauss‘ „Don Quixote“.
Von Horst Reischenböck
Recht hatte er. Ludwig van Beethoven nämlich, indem er der Welt mit seinem Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 in C-Dur, op. 15, den Fehdehandschuh zuwarf. Mit diesem Werk ließ der Komponist nicht nur von der zeitlichen Dauer die bislang gebräuchlich gewesene maximal halbe Stunde hinter sich. Beethoven empfahl sich mit dem Werk – nicht das erste diesder Gattung aber bewusst als Nummer eins gereiht - selbst als ausgefuchst virtuoser Interpret in eigener Sache.
Daran erinnerte Mittwochabend Herbert Schuch, nachdem zuvor Riccardo Minasi das Mozarteumorchester von zärtlich modulierenden Streichern ausgehend als volles Tutti willig zum glanzvollen auftrumpfenden Einstieg in die Themenaufstellung des Kopfsatzes getrieben hatte. Schuch griff im gleichen Sinn brillant zu, so wie‘s möglicherweise der „Titan“ auch getan hätte, wäre diesem ein Steinway wie hier zur Verfügung gestanden. Auif diesem dünkt kraftvolles Zupacken doppelt leicht. Auch ein von Beethoven so nicht erdachtes, in dieser Ausführung aber durchaus schlüssig wirkendes Glissando vor der Rekapitulation ist auf einem Steinway möglich. Auf einem historischen Instrument wär‘s undenkbar.
Nach der vom Komponisten selbst ausgeklügelt ausufernden Kadenz wurde das stimmungsvolle Largo von allen Beteiligten in meditative Gedanken ausgesungen. Das widerborstige Finale führte, den Angaben getreu „scherzend“, in den triumphalen Schluss. Nach der etwas eigenwilligen Sicht durch Valéry Afanassiev, der die Beethoven-Konzerte mit dem Mozarteumorchester ab 2001 aufgenommen hat, war dies nun ein absolut vielversprechender Auftakt zu dem neuen Zyklus über den Sommer hinweg.
Riccardo Minasi eignet eine gewisse Affinität gegenüber Richard Strauss. Das bescherte dem Mozarteumorchester in der Vergangenheit schon dessen Viersätzer „In Italien“. Nachdem sich Strauss von herkömmlicher Sinfonik in der Jugend verabschiedet hatte, wandte er sein Augenmerk auf Tondichtungen nach literarischen Vorlagen. Er hat sich ausnahmslos an männlichen Typen abgearbeitet. Für „Don Juan“ wählte Richard Strauss die Sonaten-Hauptsatzform, für „Till Eulenspiegel“ ein Rondo, und für den „Don Quixote“ op. 35 setzte er auf freie Variationen. Damit beschloss Strauss zugleich auch ein gewisses „Pflicht-Pensum“ an Konzerten für klassische Solo-Instrumente: eins für Violine, die „Burleske“ für Klavier und zuletzt, um den „Ritter von der traurigen Gestalt“ zu charakterisieren, ein Violoncello.
Besonders in seinen tiefen Lagen hätte ein Violoncello nie mit einem derart umfangreich dimensionierten Orchesterapparat konkurrieren können (schon gar nicht im Großen Festspielhaus) – wäre Strauss nicht auch ein genialer Instrumentator gewesen, der das baritonale Cello-Register zumeist in kammermusikalische Umgebung einbettete. So durfte Solist Marcus Pouget, der auch gelegentlich mit der Kollegen-Gruppe musizierte, bis zum letzten, ersterbenden Ton immer wieder voller Hingabe Klangschönheit auskosten, locker, duftig ausatmend. Dazu bot ihm das Mozarteumorchester jede Gelegenheit, aber Riccardo Minasi hat aus der Partitur auch fulminante Funken geschlagen. Der adäquate musikalische Diener Sancho Pansa in dieser Wiedergabe war Nobuya Kato an der Viola.