Verstörung nach Noten
KULTURVEREINIGUNG / BERGEN PHILHARMONIC / JUANJO MENA 1
17/01/19 Den ersten Zyklus der Kulturvereinigung im Neuen Jahr – wegen des Festspielhaus-Umbaus im Haus für Mozart – gestaltet das Bergen Philharmonic Orchestra unter Juanjo Mena. Zum Auftakt am Mittwoch (16.1.) umrahmten sie die Wieder-Begegnung mit dem Trompeter Håkan Hardenberger mit Werken von Wagner und Brahms.
Von Horst Reischenböck
Ursprünglich hatte Richard Wagner seinen 1841 in Paris vollendeten Fliegenden Holländer in Schottland angesiedelt. Eine Schiffspassage ließ ihn dann den Schauplatz nach Norwegen verlagern. Grund also für das Bergen Philharmonic Orchestra, seine klanglichen Meriten gleich zu Beginn mit der Holländer-Ouvertüre vollmundig auszubreiten: Juanjo Mena, dem als Spanier aufrauschendes Meer nicht fremd ist, trieb zügig an, führte behutsam ins Englischhornsolo oder ließ den Matrosentanz auftrumpfen und ließ die Erlösung mit Harfenklängen beglänzen: Die ganze Oper in zehn Minuten als erstklassige Visitenkarte gleich zum Einstand.
Die gedankliche Querverbindung zum Trompetenkonzert Fisher King von Rolf Wallin liegt in der Gralserzählung. Sie animierte sowohl einst Wagner wie vor acht Jahren den schwedischen Komponisten. Uraufführungssolist Håkan Hardenberger, zuletzt bei den Festspielen zu erleben, war auch diesmal - in Anwesenheit des Komponisten - ein engagierter Sachwalter für eine nicht einfach zu rezipierende Kost. Das Soloinstrument meldet sich gedämpften Signalen, um im weiteren Verlauf zu archaischen Rhythmen virtuose Skalen zu liefern.
Eine beruhigend wirkende Episode führt dann in pure Orgiastik hinein. Ein Teil der das Haus für Mozart nicht füllenden Hörer fühlte sich spürbar wenig angetan und verweigerte der an sich überaus wirkungsvollen, intensiven und authentischen Ausführung die Zustimmung. Besser erging es Johannes Brahms‘ Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68, im Jahresprospekt vollmundig als „Pathetische“ apostrophiert. Wenigstens ein Stück bar aller Berührungsängste. In ihrer Unerbittlichkeit ist auch op. 68 auch ein wenig „nordisch“. Und so setzte Juanjo Mena von Beginn des Kopfsatzes an auf dessen kämpferische Energie. In den Binnensätzen gab er einzelnen Instrumentalisten, etwa den formidablen Holzbläsern, hinreichend Gelegenheit, die ihnen zugedachten Melodien klangsinnlich auszubreiten. Das Finale hieß Mena stürmend in die auftrumpfende Apotheose hinein galoppieren.
Als Dank für aufbrausend zustimmenden Jubel erinnerten die Bergener noch mit zwei Teilen aus der Bühnenmusik zu Peer Gynt an ihren - in Bergen in der Villa Troldhaugen ansässig gewesenen - Landsmann Edvard Grieg. Sattgetönt,vollmundig die Streicher in Åses Dod, der emotional tief ausgeloteten Klage um den Tod der Mutter, und wirkungsvoll durch Großaufgebot gesteigert I Dovregrubbens Hall: Mit diesem Besuch In der Halle des Bergkönigs war die Welt für das Auditorium wieder vollends in Ordnung.