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Originaler geht’s nicht

CD-KRITIK / MIDORI SEILER

22/03/16 Die unter anderem bei Helmut Zehtmair und Sandòr Végh an der Universität Mozarteum in Salzburg ausgebildete Midori Seiler hat unterdessen am Mozarteum selbst eine Professur für Barockgeige. Ihre jüngste Beschäftigung mit Bachs Musik mündete in eine Maßstab setzende CD.

Von Horst Reischenböck

BACH – THE VIOLIN SONATAS prangt lapidar in Großbuchstaben auf dem Cover. Es geht um die drei Solowerke BWV 1001, 1003 und 1005. Mit den im Bach-Werkeverzeichnis jeweils dazwischen nummerierten Partiten war Midori Seiler schon vor fünf Jahren an die Öffentlichkeit getreten. Gut Ding braucht eben Weile. Die langjährige Beschäftigung mit Bachs „Sei Solo á Violino senza Basso accompagno“ hieß Midori Seiler, die Aufnahmesitzungen in den Johann-Sebastian-Bach-Saal im Köthener Schloss zu verlegen. Mehr Authentizität als am mutmaßlich Uraufführungsort selbst ist kaum denkbar. Dazu klingt farbenreich in ihren Händen ein um 1680 von Andrea Guarneri verfertigtes Original-Instrument, mit entsprechend leichtem Barockbogen von Bastian Muthesius zum Klingen gebracht.

Das macht nicht allein den Reiz der Aufnahme aus. Was vor allem besticht, ist Midori Seilers hingebungsvoller Einsatz, ihr unprätentiöser Zugang, mit dem sie gleich zu Beginn für sich einnimmt: wie zart sie sich nämlich in das erste Adagio in g-moll „hinein träumt“, um danach ebenso nachdenklich die Stimmen der Allegro-Fuge tönend aufzuschließen. Nach der intim verinnerlicht genommen, ausschwingenden Siciliana folgt ein erstes virtuoses Auftrumpfen im finalen Presto.

Streng wirkt der Einstieg in die ernst gestimmten Aufschwünge des die a-Moll-Sonate eröffnenden Graves. Dazu spritzig als Kontrast angegangen die dynamisch fein abschattiert hier bereits ausgedehntere Fuga. Schön ausgesungen die weitschweifige Andante-Kantelene über Achtelnoten im „Bass“, ehe Midori Seiler das in den wiederholten Anläufen mit seinen Echos wie ein Pertuum mobile anmutende Allegro an 4. Stelle hereinbrechen lässt.

Die Bekrönung in der C-Dur-Sonate – nach berückend wiederholtem Ausspinnen des dem Adagio zugrunde liegenden Motivs – ist die „Riesenfuge“ über das Thema des Pfingstchorals „Komm, heiliger Geist“ mit ihren 354 Takten. Ein Kraftakt, hier mit Bedacht in fast einer Viertelstunde (!) klug dimensioniert gestaltet. Die geistige Anspannung kompensiert im ruhevollen Largo und mündet in eine letzte Allegro assai-Drehbewegung. Da will man mit dem vertiefenden Hören immer wieder von vorne beginnen.

Midori Seiler, Bach – The Violin Sonatas. BERLIN CLASSICS 0300721BC
Bild: www.midoriseiler.com / Gregor Hohenberg

 

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