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Von Siegfried und anderen Idyllen

CD-KRITIK / OSWALD SALLABERGER

08/05/12 Beim Aspekte-Festival, das morgen Mittwoch (9.5.) beginnt, wird Oswald Sallaberger zwei Mal dirigieren: am 12.5. das Ensemble „die reihe“ und am 13.5. das OENM. – Auf einer  ohrenöffnenden CD kann man hören, wie sich Sallaberger, der in Salzburg unter anderem bei Sándor Végh und Michael Gielen studiert hat, Wagner und französischer Musik annähert.

Von Andreas Vogl

Wie definiert sich französischer Charme in der Musik? Wie „schwer“ ist das Idiom der deutschen Musik? Kann man Typisierungen wie „leicht“ im Sinn von eingängig oder „schwer“ als „tiefer gehend“ in der Musik verallgemeinern? Dieser Frage geht der Einführungstext im Booklet einer besonderen CD-Neuaufnahme auf den Grund. Oswald Sallaberger dirigiert das „Siegfried-Idyll“ Richard Wagners und Werke von Gabriel Fauré. Einerseits orchestrierte Lieder, seine Cello-Elegie und die sinfonische Zwischenmusik für das Theaterstück „Pelléas et Mélisande“.

Oswald Sallaberger hat vor mehr als zehn Jahren das Orchestre de l‘Opéra de Rouen Haute-Normandie im Norden Frankreichs gründete. Sallaberger ist gebürtiger Tiroler, Preisträger der Herbert von Karajan Stiftung und vorwiegend in Frankreich als Dirigent von Opern und Konzerten, aber auch als Geiger tätig. Sein breites Repertoire spannt sich von der klassisch-romantischen Musik bis zu zeitgenössischen Werken. Unter anderem in Paris hat er sich einen Namen als Wagner-Dirigent gemacht.

Ein Ansporn mehr, gerade mit einem französischen Orchester, den deutschesten aller Komponisten in den Kontext seiner Zeit zu stellen. Vor allem den französischen Komponisten der Generation um 1880, wie Gabriel Fauré oder Ernest Chausson hatte es ja Wagner angetan. In ihren Werken spürt man zwar bereits viel Impressionismus. In Harmonik und Instrumentierung sind die Vorbilder „Tristan“ und „Parsifal“ aber eindeutig zu hören. Fauré war glühender Verehrer der Werke Wagners, fuhr nach Bayreuth und hörte dort „Parsifal“ im Original. Erstaunlich, dass er in seinen eigenen Stücken nie eindeutig Wagners Stil kopiert. So zum Beispiel in der 1901 uraufgeführten vierteiligen Schauspielmusik zu Maeterlincks symbolistischem Theaterstück „Pelléas et Mélisande“, welches in seiner mythologischen Konzeption sehr an „Tristan und Isolde“ erinnert und dem sich später auch Debussy, Schönberg und Sibelius annahmen. Fauré verwendet die Leitmotivtechnik, die musikalische Themen und die Handlung eng miteinander verbindet. Vor allem im vierten Satz „Molto adagio“ erkennt man ausserdem Anleihen an „Parsifal“ und Siegfrieds Trauermarsch in der „Götterdämmerung“.

Angefügt werden auf der CD einige Lieder Faurés mit der Mezzosopranistin Karine Deshayes, die auch zuvor Melisandes Lied (auf Englisch) singt, und die Elegie op.24 für Violoncello und Orchester. In den Kontext dieser französisch parfümierten Musik stellt Sallaberger eines der wenigen rein orchestralen Kompositionen Richard Wagners. Das berühmte „Siegfried-Idyll“ ist seiner Frau und dem Sohn Siegfried gewidmet und wurde zum ersten Mal im Treppenhaus von Wagners Haus in Tibschen nahe Luzern 1870 von einigen befreundeten Musikern gespielt. Verarbeitet werden Themen aus der Oper „Siegfried“, vorwiegend das „Waldweben“ aus dem zweiten Akt. Ein eher kammermusikalisches Werk, das mit seiner verklärten Grundstimmung im Gegensatz zu Wagners sonst so üppigen Klangbild steht und gerade durch die feingliedrige Instrumentierung besticht.

Oswald Sallaberger schafft hier einen interessanten Konnex zwischen der romantisch süffigen Stilistik Wagners und jener flirrenden klaren französischen Musik, die zum Impressionismus und später zur Avantgarde führt. Das „Siegfried Idyll“ ist dabei Dreh- und Angelpunkt. In seinem poetischen Einführungsessay vergleicht Sallaberger diesen Aspekt in der Musikgeschichte mit dem Aufklaren des Himmels nach einem Gewitter. Wagners Musik klingt duftig, Faurés Tondichtung geht tiefer als man erwartet.

Fauré (Pelléas et Mélisande u.a.) & Wagner (Siegfried Idyll). Orchestre de l‘Opéra de Rouen Haute-Normandie, Ltg. Oswald Sallaberger, Karine Deshayes (Mezzosopran), Francois Salque (Violoncello). ZIGZAG

DrehPunktKultur-Gastautor Andreas Vogl  betreibt auf dem Universitätsplatz das CD-Fachgeschäft my home musiclounge www.myhomemusic.at

Zum Programm des Festivals Aspekte (9.-13. Mai) - www.aspekte-salzburg.at
Bilder: www.oswaldsallaberger.com

 

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