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Leise Darmsaiten, schmetternde Naturhörner

CD-KRITIK / HAYDN & FRIENDS

11/01/22 Auf was mag die Gambistin Simone Eckert zuerst gestoßen sein – auf ein etwas skurril anmutendes Zitat in einem alten Musiklexikon oder auf drei Musikstücke, die einen ob der Besetzung erst mal die Augen reiben lassen?

Von Reinhard Kriechbaum

Das Zitat, sinngemäß: Für die Viola da gamba, ein Instrument „von ausnehmender Anmuth“ , seien „eine Discantvioline, zwey Hörner und Fagott die beste Begleitung“. So Christian Friedrich Daniel Schubart in seiner „Ästhetik der Tonkunst“. Damals, 1806, krähte eigentlich kein Hahn mehr nach der Gambe. Ein weltfremder Besetzungsvorschlag dem bloßen Hörensagen nach?

Simone Eckert hat tatsächsich drei Werke bei der Hand, in denen Viola da Gamba und zwei Hörner auf Kollissionskurs geschickt werden. Und siehe da: Die Sache braucht vom Hörer zwar ein wenig guten Willen und Bereitschaft, das Ohren-Radar genau einzustellen aufs eigentümliche Klangbild. Aber man lässt sich allemal gerne mitnehmen in altes Neuland.

Zwei der Stücke sind hier erstmals überhaupt auf CD eingespielt: eine Sonata D-Dur für Viola da Gamba, zwei Hörner und Violoncello von Franz Xaver Hammer und das Sextetto Es-Dur für Viola da Gamba, Violine, Viola, Violoncello und zwei Hörner von Carl Stamitz. Das dritte Werk ist keine Novität, wenn sie einem auch kaum auf dem Podium unterkommt: Haydns Divertimento Nr. 2 Hob X:10 für Baryton (Viola da Gamba), Viola, Violoncello und zwei Hörner.

Was die drei Werke verbindet: Die Noten haben sich in einem Archiv erhalten, in der Mecklenburgischen Landesbibliothek (Schwerin), im ehemaligen Bestand der Ludwigsluster Hofkapelle. Wie das? In Haydns Esterházy'scher Hofkapelle gab es einen famosen Gambisten, den es über Eisenstadt und Bratislava schließlich nach Friedrichslust, an die kleine Herzogsresidenz in Mecklenburg-Vorpommern verschlug. So wurde die dortige, von Zeitgenossen ob ihrer Qualität geachtete Hofkapelle zu einem Hort der Haydn-Pflege. Besagter Franz Xaver Hammer (1741-1817) war einer der letzten Gamben-Zampanos in der für dieses Instrument ausklingenden Epoche.

Vielleicht hat das Haydn-Divertimento (das gegenüber den anderen beiden Gamben/Horn-Musiken fast ein wenig hausbacken anmutet) Franz Xaver Hammer zu seiner horn-schwangeren Sonata inspiriert, und vielleicht hat Carl Stamitz (1745-1801) beide Stücke gekannt und gezielt paraphrasiert. Sein Sextetto ist jedenfalls das Highlight auf dieser CD. Carl Stamitz hat sich mit einigen Kompositionen in Ludwigslust gut eingeführt und auf eine Anstellung geschielt. Daraus ist letztlich nichts geworden, der Fürst war knapp bei Kasse.

Womit verbindet man am besten drei so eigenwillige Werke? Simone Eckert ist auch eine kundige Baryton-Spielerin, und so drängten sich, gerade wegen der Haydn-Tradition in der ehemaligen Ludwigsluster Hofkapelle, dessen Baryton-Trios auf. Drei von 126 (!) Trios für Baryton, Viola und Violoncello – Haydn hat es gut gemeint mit Fürst Nicolaus von Esterházy, der das Instrument selbst so gerne spielte. Insgesamt hat Haydn seinem Dienstherrn siebzig Baryton-Werke in die Finger geschschrieben. Da ist viel Routine-Musik drunter (Haydn musste ja auf den Amateur-Auftraggeber Rücksicht nehmen). Aber zumindest das Trio a-Moll Hob. XI:87 lässt mit mancherlei origineller Wendung aufhorchen.

Haydn & Friends. Simone Eckert (Viola da Gamba, Baryton), Hamburger Ratsmusik. Hännssler classic, HC 17064 – www.haensslerprofil.de

 

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