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Einzelverschwendungen des Glücks

LITERATURFEST / O-TON / THOMAS KUNST

29/05/15 In seinem Gedichtband „Die Arbeiterin auf dem Eis“ entwickelte Thomas Kunst sein „Alphabet der Sehnsüchte“ – und diese haben ihren Ort im nördlichen Stralsund ebenso, wie im südlichen Venedig oder im westlichen Tuscon... Auch der Lyrik bietet das Literaturfest Salzburg ihren Raum.

Von Thomas Kunst

Über die deutschen Grenzen, unauffällig, verstehst du,
Im Stehen, im Spaß, verstehst du mich nicht, wir
Müssen schlendern und laufen, sobald alles Inoffizielle
Menschlicher wird, beides zusammen, in einer von
Außen nicht mehr nachvollziehbaren Bewegung, sei einfach
Nur stolz, wenn du über das Schlendern sogar vergißt zu
laufen, wir müßten aber statt zu winken wirklich
Gehen, aus Spaß, immer weiter in diese Richtung
Hier, verstehst du mich, ich will mit dir
In Ländern saufen, in denen das synthetische Insistieren
Noch nie für eine unverwechselbare Sprache
Gehalten wurde, zu meiner Zeit kam die Idee zu
Stottern in der Poesie und auch im Leben noch von
Herzen, die angefressene Geometrie einer Stimme, Trotz
Auf der ganzen Linie, wir und du, wir hatten beim Stottern, aus
Spaß, wir hatten im Stottern noch viel mehr Zeit als
Die Erwachsenen für die nachdrücklichen Betonungen
Unserer Körper in den Einzelverschwendungen des Glücks,
Unauffällig, verstehst du, beides zusammen, in einer von
Innen nicht mehr nachvollziehbaren Bewegung, beide
Zusammen, wir und du, in deinen abgebundenen,
Durchgebundenen Jahreszeiten, an diesem für mich
Durch dich nachvollziehbaren einundzwanzigsten
März, der wahre Frühling aber ist das Ticken
Der Organe, das gleichmäßige Schwanken
Zwischen Frankl und Gott, wohin mit meiner
Selbstverwirklichung, wenn nicht zu dir, wir und
Du, wir sind vielleicht schon zwei, ich sag ja nichts, aber
Du verträgst nicht mehr soviel wie früher, seit du von
Wodka zu Schnee übergegangen bist, das bringt jetzt
Auch nichts mehr, denk
An deine Zähne, wir müssen
Schlendern und Laufen, immer weiter, in
Diese Richtung hier, auffällig, verstehst du, ohne
Selbstverwirklichung und Schizophrenie, über die
Deutschen Grenzen, ich wünschte, ich könnte
Mein Überstehen dieser Grenzen immer wieder
Wiederholen, verstehst du, wir müssen schlendern und
Laufen, wir müssen an unsere Arbeit, an Gott und
Unsere Familien denken, wie sicher unsere
Süßen Kinder schon in Münzen wühlen, Gold
Geht, Bronze bleibt, an diesem einundzwanzigsten März, das Schwanken
Zwischen Frankl und Gott, mein ungeschriebenes
Sachbuch, wenn die Kinder schlafen, über die
Kriminalität in den Vororten von Hanoi, das törichte Glitzern
Vietnamesischer Vulkane, oder habe ich das falsch
Recherchiert, seis drum, der Vorschuß war ohnehin nicht
Rosig, aber das ungefährliche Glitzern der Vulkane
Ist seitdem für mich geblieben.

Mit freundlicher Genehmigung des Literaturfests Salzburg und des Autors      
Literaturfest Salzburg 27. bis 31. Mai – Thomas Kunst, Maja Haderlap und Wulf Kirsten bei der Lyrikmatinee – Sonntag (31. 5.) 11 Uhr Edmundsburg - www.literaturfest-salzburg.at
Bild: LF/Maja Gille

 

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