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Was Bücher erzählen, wenn sie einen Mund haben

STADTBIBLIOTHEK / SOMMERSZENE

25/06/14 Auch in diesem Jahr macht die Sommerszene den Stadtraum zur Bühne - und wählt für eine Produktion die Stadtbibliothek als Location: Die Norwegerin Mette Edvardsen ist dort mit „Time has fallen asleep in the afternoon sunshine“ zu Gast.

Die Zeit ist also in der Nachmittagssonne eingeschlafen – ein poetischer Titel. Mit der Aufführung sind Mette Edvardsen und ihre sechsköpfige Gruppe als eine Bibliothek der lebenden Bücher schon seit 2010 unterwegs, an unzähligen Stationen zwischen Trondheim bis Jerusalem.

Jede und jeder der Vortragenden hat ein Buch auswendig gelernt, um in einer halben Stunde Teile daraus in einem intimen Kunsterlebnis für einen Leser oder eine Leserin zu rezitieren. Eine äußerst individuelle Angelegenheit also.
Die Bühnen für die Vorträge haben keine Kulissen und keine Theatertechnik, es sind die Lesezonen oder auch die neue Panorama-Lounge in der Stadtbibliothek. Damit besticht die Inszenierung durch authentische Schlichtheit, bleibt aber trotzdem ein fragiles, vielschichtiges Wechselspiel zwischen dem Akt des Erinnerns und dem Kampf gegen das Vergessen. Durch die Unmittelbarkeit der Eins-zu-eins-Situation und lediglich mit der Kraft der Sprache wird diese Art der Lektüre zu einem zeitlosen, meditativen Ereignis, das einer viel beschworenen, aber selten praktizierten Kulturtechnik huldigt: dem Zuhören.

Mette Edvardsen startete ihre Karriere als Tänzerin bei "Les Ballets C de la B". Seit etwa zehn Jahren entwickelt sie vermehrt eigene Projekte. Ihr künstlerisches Interesse gilt neben dem Tanz und den performativen Künsten vor allem der Literatur.

Die Inspiration für "Time has fallen asleep in the afternoon sunshine" fand sie in Ray Bradbury’s "Fahrenheit 451". In dieser Romanutopie werden Bücher systematisch verbrannt, denn sie gelten als Ursache für nicht systemkonformes Denken und eigenständiges Handeln, beides eine Gefahr für eine „perfekte“ Gesellschaft.

Und welche Bücher werden nun lebendig? Goethes „Faust“, „Loslabern“ von Rainald Goetz, „Seltsame Sterne starren zur Erde“ von Emine Sevgi Özdamar, Truman Capotes „Answered Prayers“, „Bartleby the Scrivener“ und „I am a Cat“ von Soseki Natsume. (InfoZ)

Am Donnerstag 26. und Freitag 27. Juni, jeweils 12 bis 17 Uhr; Samstag von 10 bis 14 Uhr. Dauer jeweils 30 min, in deutscher oder englischer Sprache, Eintritt frei. Reservierung unter 0 662/ 84 34 48 17 oder während der Vorstellungszeiten direkt in der Stadtbibliothek. –  szene-salzburg.net; www.metteedvardsen.be
Bild: www.metteedvardsen.be / L. Bernaerts

 

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