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Der Ruhm, den er nie gehabt

STEFAN ZWEIG CENTRE / LESUNG

28/11/13 Es ist bereits dunkel. Die eisige Stiege im Toscaninihof hinauf auf den Mönchsberg verlangt besonders vorsichtige Schritte. Vom Garten der Edmundsburg aus noch ein letzter Blick hinunter auf die verschneite Stadt, bevor es Richtung Europasaal geht: Hier las die Wiener Schauspielerin Andrea Eckert Stefan Zweigs Erzählung „Die spät bezahlte Schuld“.

Von Jana Winkelmayer

433 Die Belohnung für den eisigen Aufstieg war am Mittwoch (27.11.) ein ruhiger fast intimer Abend, war eine fein nuancierte Erzählung mit sentimentalem Gehalt - von Andrea Eckert berührend vorgetragen. Wer reist nicht gerne in die längst vergessene Vergangenheit zurück und lässt sich die Seele etwas mehr streicheln als verdient?

Die wenig bekannte Erzählung „Die spät bezahlte Schuld“ stammt aus dem brasilianischen Nachlass Stefan Zweigs. Mit getragener Stimme liest die Wiener Schauspielerin die ersten Zeilen der Erzählung, die in Briefform an eine alte Freundin geschrieben ist: die Geschichte einer Jugendschwärmerei und „eines jener tiefen Geheimnisse, die man trotzig sogar sich selber verschweigt“.

Der Anfang reizt dramaturgisch kaum, doch als die Dialoge beginnen kommt die sprachliche Gewandtheit von Andrea Eckert zu tragen. Gekonnt transportiert sie die Emotionen, die Zweig mit so großer Einfühlsamkeit schildert. Seine detaillierten Beschreibungen werden zu lebendigen Bildern erweckt. Der Text ist wenig bekannt, aber genau das macht seinen besonderen Reiz für eine Lesung aus.

434In ihrer Imagination werden die Zuhörer und Zuhörerinnen in einen abgelegenen Südtiroler Gasthof entführt. Hier begegnet die Erzählerin dem ehemaligen Schauspieler und Objekt der jugendlichen Begierde, Peter Sturz. Sie erkennt ihn zwar nicht wieder, doch der elegant gekleidete und schon dadurch deplatzierte Mann sticht ihr sofort ins Auge. Er gewinnt ihre Aufmerksamkeit, denn „er sprach, das spürte ich sofort, um zu sprechen und um sich sprechen zu hören“.

Allmählich erinnert sie sich an die letzte Begegnung mit ihm und löst eine damals entstandene Schuld ein. Was war geschehen? „Er sollte zum letzten Mal spielen und ich ihn nicht hören, er sollte umjubelt werden von den anderen und ich ihn nicht sehen“, erinnert sich die Erzählerin an „Damals“: Als Peter Sturz seinen letzten Auftritt hat, verbieten die Eltern der Erzählerin die Teilnahme am Theaterabend. Verzweifelt läuft sie zu seinem Haus und bietet sich in jugendlicher Unschuld dem Wohldünken des älteren Mannes an. Dieser geht pfleglich mit seiner Verantwortung um und die Erzählerin revanchiert sich später bei ihm, indem sie seinen Ruhm erhöht und so sein Ansehen vor der Dorfbevölkerung herstellt.

Sehr zärtlich beschreibt Zweig diese zwischenmenschliche Episode und Andrea Eckert gelingt es, diese Zartheit zu transportieren. Der Applaus ist angemessen. Das Publikum scheint zufrieden zu sein. Angekündigt hatte die Schauspielerin das Thema „Vergänglichkeit“. Das mag auf den Inhalt der Geschichte zutreffen. Der schriftstellerische Gehalt und der Vortrag haben jedenfalls einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Bilder: Fadil Cerimagic

 

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