Aufgehoben und verwahrt
SALZ / LITERATURARCHIV
25/09/13 Thomas Bernhard, Barbara Frischmuth, Peter Handke und Stefan Zweig gehören zu den bekanntesten Autorinnen und Autoren, die im Literaturarchiv Salzburg vertreten sind. Aber auch die Nachlässe weniger bekannter oder vergessener Schriftsteller bieten einen schier unerschöpflichen Fundus an Literatur-Geschichte(n). Das neue SALZ bietet reizvolle literaturwissenschaftliche und literarische Einblicke in das Literaturarchiv Salzburg.
Von Heidemarie Klabacher
So fundiert und inhaltsreich die Beiträge sind – in diesem Heft bleibt man zunächst einmal an den „Abbildungen“ hängen. Ein Brief Peter Handkes mit grüner Tinte an seinen Verleger geschrieben oder eine maschingeschriebene Manuskriptseite mit feinsäuberlichen handschriftlichen Korrekturen. Ein von Romana Mikulasek „Selbsterdachtes Märchen“ samt Illustration „der Maler im Herbst“. Ein Weihnachtsgruß von Christine Busta an Catarina Carsten oder das Titelblatt von Gerhard Amanshausers „Mansardenbuch“. Das Manuskript von Barbara Frischmuths „Klosterschule“ oder Erwin Einzigers „Rotes Reisenotizbuch“ russischen Buchstaben im Register samt Reisenotizbuch mit Fisch: Man wird des Blätterns und sich Freuens in diesem SALZ nicht müde.
Manfred Mittermayer, der Leiter des Literaturarchivs Salzburg stellt seine Institution vor und gibt zusammen mit Hildemar Holl einen umfassenden Einblick in die Bestände. Hildemar Holl berichtet über die drei großen Stefan Zweig Sammlungen in Salzburg – und erläutert die doppelseitige Abbildung aus Stefan Zweigs „Hauptbuch“: Hier ist in buchhalterischer Sorgfalt aufgelistet, welches Buch wann von wem in welche Sprache übersetzt worden ist. Der international viel gelesene Autor hatte längst den Überblick verloren…
Silvia Bengesser berichtet über den Teilvorlass von Peter Handke und über die Zusammenarbeit mit einem groß angelegten Wiener Web-Projekt, das ebenfalls Peter Handke gewidmet ist. Manfred Mittermayer schreibt über den Briefnachlass Thomas Bernhards, dazu passend folgt ein Text von Bernhard Judex über den literarischen Nachlass von Thomas Bernhards Großvater Johannes Freumbichler: Auch dazu gibt es eine besonders reizvolle Abbildung.
Auch Ingeborg Bachmann ist im Literaturarchiv Salzburg vertreten – und zwar die Kopie ihres Nachlasses, der in der Handschriftenabteilung der Nationalbibliothek in Wien liegt. Irene Fußl berichtet über die Korrespondenz und den literarischen Nachlass der Bachmann. Den Nachlässen von Karl Heinrich Waggerl oder Robert Jungk, von Romana Hödlmoser-Mikulaschek oder Charlotte Herzfeld sind weitere Texte gewidmet.
Gundl Hradil berichtet im Gespräch mit Manfred Mittermayer über ihre Arbeit als Lektorin beim Residenz Verlag (im Literaturarchiv Salzburg befindet sich das Archiv des Residenzverlags von der Gründung bis zur Auflassung des Verlagsstandortes Salzburg im Jahr 2004), Susanne Haslinger über die Editionsarbeit zu Franz Innerhofers „Schöne Tage“. Jasmin Nicole Thanner hat einen Brief, ein Billet von Christine Busta an Catarina Carsten akribisch studiert und schildert ihre „Untersuchung einer Archivalie“.
Anhand solcher zahlreichen Einzelstudien werden die Aufgaben und Probleme, aber auch die Faszination der Archivarbeit eindrücklich vermittelt: Ingesamt bietet die Literaturzeitschrift SALZ in ihrer Nummer 153 einen spannenden Einblick in die wissenschaftliche Arbeit einer solchen Institution, schreckt dabei aber Nicht-Germanisten keineswegs ab – sondern verführt mit dem Reiz des Originals zum Schmökern und Stöbern, und den einen oder die andere vielleicht auch zu einem Besuch im Literaturarchiv Salzburg.