Science fiction versus Picaro
RAURISER LITERATURTAGE/ LESUNGEN EDELBAUER UND SCHROTT
12/04/21 Was haben ein Programmierer und ein Welt-Umsegler gemeinsam? Scheinbar wenig und doch verbindet sie eins: Das Thema vom Weiterleben in einer besseren Welt behandeln die Romane Dave von Raphaela Edelbauer und Eine Geschichte des Windes von Raoul Schrott.
Von Gabriele Buchberger
Raphaela Edelbauer, 2018 als Literaturpreisträgerin von Rauris ausgezeichnet, hat ihr drittes Buch nach mehreren Anläufen fertig gestellt. Dave ist der Name eines Computers, mit dessen Hilfe die Welt gerettet werden soll. Denn ihr Zustand liegt im Argen, sie ist unbewohnbar geworden. Alle Menschen leben in einem großen Labor, alle arbeiten an der Programmierung einer Künstlichen Intelligenz, die Höchstleistungen erbringt und mit menschlichem Bewusstsein ausgestattet werden soll. Arthur, ein mäßig erfolgreicher Programmierer, fungiert als Vorbild.
Ob Dave die Welt retten kann, wird hier nicht verraten. Die Leserinnen und Leser werden den Plot mit Orwells 1984 in Verbindung bringen, auch in Dave geht es um Überwachung, Macht und den gläsernen Menschen. Die Autorin setzt ihren Fokus nicht auf Künstliche Intelligenz, sondern sie will aufrütteln. Menschen sind keine naturwissenschaftlich deduzierbaren Maschinen. Fortschrittsglaube und Technik sind Glaubensinhalte, die zu Glaubenswahrheiten mutieren. Nicht nur Science fiction Liebhaberans werden ihre Freude an diesem Roman haben!
Raoul Schrott, Preisträger von Rauris im Jahr 1996, hat mit seinem Roman Eine Geschichte des Windes oder Von dem deutschen Kanonier der erstmals die Welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes Mal literarisch einen gänzlich anderen Weg zum Thema eingeschlagen. Schon der lange Titel verrät, dass hier ein Schelm am Werk ist.
Es geht nur bedingt um Fakten und Tatsachen, vieles kann, muss sich aber nicht so zugetragen haben. Hanns aus Aachen, ein Kanonier, bricht mit der Flotte Magellans in die Neue Welt auf, um von den Molukken Gewürze nach Spanien zu holen. Von den drei Schiffen kehrt nur eines mit 18 Seeleuten zurück. Unter ihnen ist auch Hanns aus Aachen, der die Welt noch ein zweites und drittes Mal umsegelt. Schrott ist dem abenteuerlichen Simplicissimus hinterhergereist. Wenn Schrott von seinen eigenen Erlebnissen auf dieser Reise witzig und amüsant erzählt, stellt sich unweigerlich die Frage: Erzählt ein Schelm einen Schelmenroman?