Spiegel im Spiegel
40 JAHRE RAURISER LITERATURTAGE
04/02/10 „Je herausfordernder das Programm, umso besser das Publikum.“ Brita Steinwendtner leitet seit zwanzig Jahren die „Rauriser Literaturtage“, die heuer mit einem literarischen Fest von 7. bis 11. April vierzigjähriges Bestehen feiern. Rauriser Literaturpreisträger 2010 ist Thomas Klupp, Förderpreisträger ist Martin Fritz.Von Heidemarie Klabacher
„Ausnahmsweise“ wird es im Jubiläumsjahr 2010 zur Eröffnung eine Festrede geben, sagte Brita Steinwendtner heute im ORF-Landesstudio Salzburg bei der Programmpräsentation: Halten wird sie Bodo Hell. Er war der erste Rauriser Literaturpreisträger und wurde 1972 für seinen Erstling „Dom Mischabel Hochjoch“ ausgezeichnet.
Bodo Hell, Dichter und Senner, wird ein zweites Mal auftreten - zusammen mit Arno Camenisch, einem jungen Schweizer Autor aus Graubünden, der auf Deutsch und Rätoromanisch schreibt. In seinem zweisprachigen Prosaband „Sez Ner“ erzählt Camenisch von drei Sennern, die in der Spannung zwischen uraltem Bergleben und touristischem Almtreiben leben. Es ist die erste Lesung von Camenisch in Österreich - und die erste Veranstaltung in der revitalisierten „Alten Schule“ in Bucheben.
Über vierhundert Autorinnen und Autoren haben in diesen vierzig Jahren im Bergtal der Hohen Tauern „gelesen, diskutiert und Freundschaften geschlossen“. In Rauris habe sich „die deutschsprachige Literatur der letzten vier Jahrzehnte und ihre Strömungen vielfältig gespiegelt“, so Brita Steinwendtner.
Ihr Jubiläumsprogramm ist ein Spiegel dieses Spiegels: Das erste der neuen „Vormittagsgespräche“ gilt der Zukunft: Über „Rauris 2050“ sprechen mit ORF-Redakteur Michael Kerbler die Autoren Péter Esterházy und Lukas Hartmann. Das Vormittagsgespräch am Freitag reflektiert „40 Jahre deutschsprachige Literatur“. Mit Katja Lange-Müller, Adolf Muschg und Hans Höller spricht Karl Müller. Das traditionelle „Gespräch über Kindheit“ am Samstag führen Katja Oskamp, Gudrun Seidenauer, Péter Esterházy und Michael Köhlmeier mit Brita Steinwendtner.
Auch im Lesungsprogramm spiegeln sich vierzig Jahre Rauris, „alte Freunde und junge Stimmen“ werden lesen. Heuer nicht länger als die jeweils vereinbarten zwanzig Minuten, wie Brita Steinwendtner hofft, „weil es ein Fest ist, und möglichst viele zu Wort kommen sollen“. Catarina Carsten wird den Lesungsreigen eröffnen, die älteste Teilnehmerin, die kurz nach Rauris ihren neunzigsten Geburtstag feiern wird. Sie war 1984 die erste „Marktschreiberin“ in Rauris. Mit ihr auftreten werden am Donnerstag die ehemaligen Förderpreisträger Christoph Janacs, Gudrun Seidenauer und Wolfgang Wenger.
Die Lesungen am Freitag gehören früheren Rauriser Literaturpreisträgern Hans Joachim Schädlich, Peter Henisch, Katja Oskamp und Michael Köhlmeier. „Die Raursier Literaturtage sind ein Marathon, das wissen unsere Besucher und sie stellen sich auf lange Abende ein“, erzählt Brita Steinwendtner. Am Freitag, den 9. April, wird es nach den Lesungen der Preisträger hochkarätig weitergehen: Adolf Muschg war 1973 zum ersten Mal in Rauris. Und hier hat er seinen grandiosen Parzival-Roman „Der Rote Ritter“ vorstellt, für den er 1994 den Büchner-Preis bekommen hat. Danach gibt es noch eine Doppellesung Peter Turrini und Silke Hassler. Sie werden eine adaptierte Fassung ihres gemeinsamen Stücks „Jedem das Seine“ über den Todesmarsch ungarischer Juden lesen.
Wolf Haas, Julian Schutting und Hubert von Goisern sind weitere Stars aus Österreich. Der Goiserer wird lesen, nicht singen. Auf der Fremdsprachen-Schiene lesen neben Arno Camenisch der in London und Malavi lebende Afrikaner Samson Kambalu und Rauris-„Stammleserin“ Maria Bodrozic.