Meine Kindheit erfinden die Dichter und ich
RAURISER LITERATURTAGE 2018 / FRÜHE JAHRE
09/02/18 Unsere Kindheit „erfinden“ wir eher, als wir sie tatsächlich erinnern – und zwar immer wieder auf’s Neue je weiter wir uns von ihr entfernen. „Kindheitsbilder sind Konstruktionen in den Köpfen der Erwachsenen.“ Die Literatur zeigt besonders deutlich soziale und kulturelle Muster, die „Kindheit“ bestimmen: „Frühe Jahre“ ist von 4. bis 8. April das Motto der 48. Rauriser Literaturtage.
Von Heidemarie Klabacher
„Unser heutiges Bild von Kindheit ist von der Romantik geprägt, in der die frühen Lebensjahre erstmals als etwas Schützenswertes erachtet wurden. Doch das Ideal einer beschützten und behüteten Kinderzeit trifft heute schon sehr bald nicht mehr zu – innerhalb Europas, innerhalb Österreichs.“ Das ist nur ein Aspekt eines überaus spannenden Generalthemas. Ein weiterer: „Man entwirft sich seine Kindheit selber. Legenden der Eltern erzählen uns unsere eigene Kindheit ständig neu. Je weiter man sich zeitlich von diesen Jahren entfernt, umso stärker verändert sich das Bild.“
Ines Schütz und Manfred Mittermayer präsentierten heute Freitag (9.2.) das Programm der 48. Rauriser Literaturtage. „Die Literatur zeigt, welches Bild sich eine Gesellschaft von ‚Kindheit‘ macht. Literatur transportiert Kindheitsbilder einer Gesellschaft, aber sie prägt diese auch.“
In Autobiographien, in Geschichten, die aus der Perspektive von Kindern oder Jugendlichen erzählt werden oder aus dem Blickwinkel von erwachsenen Erzählerfiguren, die sich zurückerinnern: In unzähligen Facetten, Formen und Gattungen verarbeiteten Literaten das Thema, bei dem jeder und jede mitreden zu können glaubt. Kinder waren wir alle mal.
„Kinder werden fast immer und fast ausnahmslos unterschätzt“, sagt der Autor und Psychiater Paulus Hochgatterer. Er wird in Rauris aus seinem neuen Buch „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ eine historische Facette einbringen.
Wie Hochgatterer bringen die meisten, der heuer eingeladenen Autorinnen und Autoren brandneue Bücher mit: Julia Weber ihren Debütroman „Immer ist alles schön“, Karin Peschka ihre Endzeitvision „Autolyse Wien“, Benjamin Lebert „Die Dunkelheit zwischen den Sternen“… Mirko Bonné, Lana Lux, Monika Helfer oder die Lyriker Thomas Kunst, Margret Kreidl und Oswald Egger lesen aus ihren 2017 erschienen neuen Werken. Felix Mitterers jüngstes Buch „Mein Lebenslauf“ trägt gar das Erscheinungsjahr 2018.
Das Literaturmagazin SALZ kommt wieder als Programmbuch zu den Literaturtage herausn. Schulprogramme, Schreibwerkstatt, Veranstaltungen für die Germanistikinstitute der Österreichischen Universitäten oder das Gespräch über Literatur finden im Rahmenprogramm rund um das Lesungsprogramm statt.
Die Rauriser Literaturtage 2018 „Frühe Tage“ von 4. bis 8. April - www.rauriser-literaturtage.at
Bilder: LMZ/Neumayr/Leo
Über die Preisträger der Rauriser Literaturtage 2018
Sprache als Baustein der Welt