Die Stimmen der Widersacher von damals
BUCH / ZEITGESCHICHTE
25/04/14 Richard Hörl ist kein Chronist von außen: Wenn er über die Salzburger Zeitgeschichte in den Jahren 1972-82 schreibt, als Leute wie Herbert Fux oder Johannes Voggenhuber sich für den Erhalt nicht nur der Altstadt einsetzten, steht das für einen Bericht sozusagen aus der ersten Reihe – der damals Handelnden, nicht jener des Zuschauerraumes!
Im Verlag Edition tandem ist das Buch „Die Salzburger Bürgerrevolte“ erschienen. Richard Hörl gibt als Protagonist und Aktivist der damaligen „Bürgerrevolte“ gibt er Einblick in die Bewegung in viele der damaligen Bürgerinitiativen und in die Entstehung der Salzburger Bürgerliste. Wie ein Politkrimi lesen sich die persönlichen Erinnerungen über die Reaktionen der etablierten Parteien und ihrer Vertreter, aber auch der Medien.
Von der Backstube in die Schreibstube ist das Vorwort übertitelt, anspielend auf Hörls früheren Brotberuf. „Über 25 Jahre habe ich alles verdrängt, was mit „damals“, meiner aktiven Zeit im Gemeinderat in den Jahren 1977 bis 1980, zusammenhing. Zu schlimm waren die dort gemachten Erfahrungen“, schreibt Hörl. Er habe sich „auch nicht gedanklich wieder in die politischen Abgründe begeben“ wollen.
Richard Hörl ist in seiner Analyse und Darstellung sehr direkt, oft schonungslos. Seine Sprache ist nicht diplomatisch ausgefeilt sondern emotional, manchmal auch wertend. „Womit ich nicht gerechnet hatte: Erinnerungen kamen zurück, ich sah sie wieder, die Gesichter der politischen Widersacher, hörte sogar ihre Stimmen.“ Das Spannendste bei seinen Archiv-Recherchen sei gewesen „derart eklatante Unterschiede zu entdecken zwischen den im Protokoll festgehaltenen Debattenbeiträgen und den Berichten darüber am nächsten Tag“, so der Autor.
Was uns heute so selbstverständlich erscheint, die unberührte Stadtlandschaft in Freisaal, die Altstadt-Universität mit pulsierendem Leben in der Stadt, die stilvoll restaurierten und schmucken Altstadthäuser (vor allem in der Linzer Gasse), das alles wäre ganz anders gekommen und sähe völlig anders aus, hätten sich nicht Menschen wie Richard Hörl, Herbert Fux, Johannes Voggenhuber und Eckehart Ziesel so vehement engagiert.
Letztlich waren es diese Gründe, die ihn bewogen haben, die Erinnerungen von Richard Hörl zu publizieren, so Herausgeber Volker Toth von der Edition Tandem: „Trotz aller Widersprüche, die das Buch hervorrufen wird, trotz der fehlenden objektiv-reflektierenden Sichtweise.“
Den Weg sieht der Autor selbst übrigens noch nicht als abgeschlossen: „Erst wenn Bürgerinitiativen als Bereicherung und nicht als Bedrohung des 'alten' politischen Systems erkannt und gewünscht werden, erst wenn es zu einem Miteinander bei der Suche nach der bestmöglichen Lösung für ein kommunales Problem kommt, wird eine neue demokratische Kultur entstehen. Erst dann war mein Engagement für meine Heimatstadt über all die Jahre nicht umsonst.“ (Edition tandem/dpk-krie)
Richard Hörl, Die Salzburger Bürgerrevolte 1972-1982. 184 Seiten. Edition tandem, Salzburg 2014. 17 Euro – www.edition-tandem.at
Bild: Buchillustration, Edition tandem
Buchpräsentation am Montag, 28.4., um 19 Uhr im Haus der Stadtgeschichte (Glockengasse 8)