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Warum ausgerechnet Mexiko?

BUCHBESPRECHUNG / JANACS / DER DUFT DER DICHTUNG

22/06/12 „Literatur entsteht aus Literatur, die aus Literatur entstanden ist, die aus Literatur entstanden ist.“ Das ist der erste Buchstaben-Schachzug von Christoph Janacs in einem Spiel, in dem die Buchstaben anderer zumindest gleich oft am Zug sind.

Von Heidemarie Klabacher

Treiben die schon geschriebenen Buchstaben den Schriftsteller gelegentlich in Richtungen, die er gar nicht im Sinn hatte? Ist also devoter Sinn gefragt oder doch ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein und Missionseifer, auf die man als Schaffender wohl auch schwerlich verzichten kann? Christoph Janacs hat den Respekt vor Geschriebenem verinnerlicht. „Ich verstehe Dichtung als Fluß, in dem man als Schriftsteller am besten weiterkommt – auch gegen den Strom – in dem man sich treiben lässt.“

Die Strömung kann stärker oder schwächer sein, reißend oder gerade das Handgelenk umspülend. Es kann schon sein, dass man „mit Kafka nicht fertig wird, aber er mit uns“… Nichts ärgert den halbwegs Belesenen mehr, als die Lektüre-Erlebnisse anderer halbwegs Belesener lesen zu müssen. Christoph Janacs scheint sich dieses Problems bewusst zu sein. Und genau deshalb mag man seine „Schriften zu Literatur und Biographie“, die unter dem Titel „Der Duft der Dichtung“ im Arovell Verlag erschienen sind. Mag sie vom ersten Hineinblättern an.

Die Kapitel über Autorinnen und Autoren wie Bradbury, Kafka, Camus, Aichinger, Eich, Paz, Char, Duras oder Stifter sind eingebettet in Beiträge „In eigener Sache“ mit eingesprengten literarischen Miniaturen und Gedichten aus der Feder von Janacs selber. Interessant sind auch die Betrachtungen jeweils gleicher Inhalte aus verschiedenen Alters-Blickwinkeln, wie etwa der immer differenzierter werdende Blick auf eine Landschaft im Text "Näherungen" im Stifter-Kapitel, oder die zunehmende Begeisterung für ein fernes Land in Text "Warum ausgerechnet Mexiko?"

Uneitel und respektvoll sind diese Essays. Ihnen eignet – wie auch den Texten zu anderen Autorinnen und Autoren, einschließlich seiner selbst – eine unaufgeregte Selbstverständlichkeit. Da setzt sich keineswegs ein kleines Licht auf Kosten eines großen in Szene. Vielmehr vermittelt ein Kundiger, was mitzuteilen ihm ein Anliegen ist. Dass Janacs eben ein Schriftsteller ist, und nicht „nur“ ein Germanist, das macht die Lesbarkeit dieser Texte aus: Auch die kleinen Werkanalysen, etwa „Der Tiger in uns“ über Stifters „Zuversicht“ oder „Eine Entdeckung“ über Stifters „Pechbrenner“, erheben nicht besserwisserisch und schon gar nicht staubtrocken den Vorwurf literarischer Sperrigkeit.

Und dann ist da schließlich noch die Ironie: wenn Janacs etwa beobachtet, dass die Politik die Liebe zum Bergsteigen entdeckt hat: „Kein Gipfelbuch, das nicht den Namen mindestens eines Regierungsmitglieds enthält, in Schönschrift, damit es jeder lesen kann, der lesen kann. Das sind bei uns nicht viele, aber genug, um es unter die Leute zu bringen.“

Christoph Janacs: Der Duft der Dichtung. Schriften zu Literatur und Biographie. Arovell Verlag, Gosau/Salzburg/Wien 2012. 202 Seiten, 12,90 Euro. - www.arovell.at

 

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