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„Bücherei ist frei von jüdischen Werken“

HINTERGRUND / SALZBURG IM DRITTEN REICH

21/09/11 Dem Alltag, der Kultur und der Propaganda gilt der zweite Band im Rahmen der Forschungen „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“: Die Kultur war logischerweise auch in der Hitlerzeit ein willkommener und wirkkräftiger Hebel bei der Inszenierung der Macht.

Von Reinhard Kriechbaum

„Finden Sie die Fehler?“, könnte man fragen angesichts zweier Fotos, die Stefan Kruckenhauses an selben Sommertag des Jahres 1938 gemacht hat – ein Blick vom Imberg über die Dächer der Getreidegassen-Häuser auf die Kollegienkirche. Das eine ist in einem Salzburg-Buch „Verborgene Schönheit. Bauwerk und Plastik in der Ostmark“ erschienen. Aus einigen Fenstern wehen Hakenkreuz-Fahnen. Eine neue Aufnahme hat man nicht gewählt, als das Buch 1954 im Otto Müller Verlag abermals aufgelegt wurde. Nach wie vor hieß es „Verborgene Schönheit“, jetzt im Untertitel freilich „Bauwerk und Plastik in Österreich“. Aber die Retoucheure haben die Hakenkreuze weggepinselt und die größeren Fahnen rotweißrot gefärbelt.

Es ist eben viel einfach übertüncht worden in den Jahrzehnten nach dem Krieg. Und drum ist das wissenschaftliche Forschungsprojekt „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“ so wichtig. Damit einher geht eine Vortragsreihe (nun schon im dritten Jahr). Die Forschungsergebnisse werden in der Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg publiziert. Eben ist der zweite Band erschienen, der dem Alltag, der Kultur und der Propaganda gilt.

Natürlich schmückte man sich auch in dieser dunklen Ära mit Mozarts Federn. Das 150. Todesjahr (1941) fiel ja gerade in diese Ära, es gab eine „Mozartwoche des Deutschen Reiches“. Angeblich wollte Hitler der Stadt ein Mozartdenkmal „schenken“, und der deutsche Bildhauer Fritz Klimsch arbeitete bereits an Entwürfen. Ein Eins-zu-eins-Modell zeigt uns Mozart als makellos deutsch-jünglinghaften Apoll, nackt bis auf eine kleine Stoffbahn um die Lenden. Die Figur, umrahmt von weiblichen und männlichen Akten, hätte vermutlich weniger Widerspruch erregt als vor ein paar Jahren der Lüperz’sche Mozart vor der Markuskirche. Auf dem Makartplatz hätte das Denkmal stehen sollen, aber der Kriegsverlauf verhinderte die Umsetzung. Des Künstlers Atelier fiel schließlich mitsamt den Gipsmodellen der Zerstörung durch die einrückenden amerikanischen Truppen anheim.

Dem Alltag gilt ein ebenso aufschlussreiches Kapitel wie dem Schulwesen. Die gut redigierten Texte sind bestens lesbar und erweisen sich als Fundgrube von bisher unbekannten oder gerne verschwiegenen Einzelheiten.

„Er galt als Schädling des Salzburger Musiklebens“ – in dieser Behauptung gipfelte ein von durchaus namhaften Mozarteums-Lehrern (Franz Sauer, Friedrich Frischenschlager, Franz Ledwinka) unterzeichneter Brief nach der ihnen nicht unwillkommenen Amtsenthebung von Bernhard Paumgartner (zwei Tage nach dem Anschluss schon!). Der Domorganist Franz Saiuer wurde schließlich sein Nachfolger. Übrigens: Auch Josef Messner hatte erhebliche braune Flecken auf seinen Notenpapieren und damalige Musikkritiker bescheinigten dem sich gerne Anpassenden wohlwollend, dass man „von dem domkapellmeisterlichen Beruf des Autors wenig“ bemerke. Während Eisenbahner-Musikkapellen aufgelöst wurden (die schienen den neuen Machthabern politisch doch zu suspekt), meldete die Salzburger Liedertafel gehorsam: „Bücherei ist frei von jüdischen Werken.“

Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus, Band 2: Inszenierung der Macht. Alltag - Kultur – Propaganda. Hrsg. Stadtgemeinde Salzburg, Peter F. Kramml und Christoph Kühberger. 416 Seiten mit 197 SW- und Farb-Abb., Salzburg 2011 - www.stadt-salzburg.at

 

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