„Ja, schreiben ist ein Fünfkampf“
BUCHBESPRECHUNG / HANDKE / 10 JAHRE JUNG UND JUNG
29/10/10 Shortlist, Longlist, Buchpreis - das kommt bei Büchern aus dem Hause Jung und Jung schon mal vor. Wie zuletzt beim Roman „Tauben fliegen auf“ von Melinda Nadj Abonji. Neben jungen unbekannten Autorinnen und Autoren stehen aber immer wieder auch große und größte Namen in den Prospekten von Jochen Jung: Der Jung und Jung Verlag Salzburg feiert sein zehnjähriges Bestehen.
Von Heidemarie Klabacher
Ein wirklich großer Name im Jubiläumsprogramm macht da natürlich was her. Auch wenn es nur „Schnippel“ sind, quasi literarische Brosamen, die ein Peter Handke sorgfältig zusammengekehrt und zu einem „Nachtbuch“ von nicht geringem Reiz zusammengestellt hat.
Der nachtblaue Band „Ein Jahr aus der Nacht gesprochen“ versammelt fünfhundert Splitter, Bilder und Fragmente, die der Dichter im Dämmerreich zwischen Tag und Nacht gedacht oder geträumt, jedenfalls - weil zum Vergessen zu schade - sicherheitshalber aufgeschrieben hat.
Nicht wenige der Schnipsel hätten das Zeug zur Romanhandlung („Es ist so schön in deinem Schloß!“ - „Ja, und deswegen will ich niemanden drin haben“).
Andere wiederum könnten in jeder Sammlung „Aphorismen zur Lebensweisheit“ bestehen („’Nur kein Uhrturm’, sagte der Kärnter“ Oder: „Es ist nicht alles eßbar, was im Meer schwimmt“).
Wieder andere sind einfach wie Anekdoten aus gutem Hause („Ich kann sagen, daß sich mein Fall sehr positiv entwickelt hat: Ab morgen lerne ich portugiesisch“).
Am schönsten sind freilich die rein poetischen „Traumbild-Fragmente“ (um einen Werktitel von Ludwig Nussbichler zu zitieren): „Ob sich der Himmel zufrieden gibt mit einem Baum in Einzelblüte?“, fragt der Dichter besorgt. Oder stellt fest: „Er hat die Hand in den Fluß der Träume gesteckt und sie trocken wieder herausgezogen“.
Dass einen Literaten der Literaturbetrieb gelegentlich bis in den Traum verfolgt, ist nicht verwunderlich: „Wie schön waren die Treffen ohne Literaturveranstaltungen“. Und dass dem Ex-Salzburger Handke noch immer Salzburgisches durch den Kopf geistert, ist auch nett: „Höhlenzeichnungen im Freien, draußen im Wald - gibt’s denn so was?“ - „Ja, schau, in Anif“.
„Ob ich weiterlese? Das ist die Frage“. Stimmt. Das ist sehr oft die Frage. Aber nicht im Falles dieses Buches, zu dem man immer wieder gerne greifen wird. Vielleicht sogar, wenn man selber einmal aufwacht ist in der Nacht…